Kolumnen

Wiener Ansichten: Neues aus der Wiener Leberkäse-Szene

So leid es uns tut, das Redaktionskomitee der Wiener Ansichten muss Ihren Start ins Wochenende mit traurigen Nachrichten trüben.

Zunächst darüber, dass das kultige „Ungar Grill“, seit 1954 in der Burggasse in Wien-Neubau, vermutlich zusperren muss. Und das, obwohl Bezirksvorsteher Markus Reiter unlängst beim Servieren und beim Abwasch geholfen hat. Gegen die neuen Hausbesitzer und deren Luxuswohnungspläne können weder er noch Wirtin Darija viel ausrichten. Einer der schönsten Gastgärten im Siebenten ist perdu. Samt altem Nussbaum. Pech gehabt, der Markt bestimmt. Darija und die Ungar-Grill-Fans hoffen noch auf ein Wunder.

Noch nicht ganz so viele „Immobilienentwickler“ tummeln sich auf der anderen Seite der Donau. Doch auch in Floridsdorf gehen Traditionsbetriebe vor die Hunde. Jetzt hat’s die 104 Jahre alte Fleischerei Schuller, zu deren Spezialität Pferdefleisch gehörte, erwischt. Alteingesessene können sich noch erinnern, dass der Schuller einst eigene Stallungen hier hatte. Der Leberkäse, den der Schuller aus den Pferden machte, brachte ihm einschlägigen Ruhm: „Urgestein der Wiener Leberkäse-Szene“ nannten ihn Bewunderer. (Ja, alles Geschmackssache. Nur: Das Billig-Schwein aus dem Supermarkt wird die Beziehungen zwischen Mensch und Tier auch nicht nachhaltig verbessern.) Der Schuller jedenfalls hat Österreich nicht nur berühmten Leberkäse, sondern auch einen famosen Fußballer beschert. Peter Pacult, Floridsdorfer Urgestein aus Jedlesee, wollte einst das Fleischer-Handwerk beim Schuller erlernen. Der allerdings erklärte dem schmächtigen 14-Jährigen, er sei zu klein, er könne „kein Schweindl tragen“. Ein Pferd schon gar nicht.

Und so wurde aus dem Pacult Peter zunächst Briefträger (gemeinsam mit dem heutigen Bürgermeister Michael Ludwig, übrigens) und später Stürmer, Trainer und von vielen gefürchteter Interviewpartner.

Wir sagen: Hätte man mit ihm über Floridsdorf und den Schuller geredet, der Pacult wäre immer sanftmütig gewesen.