Kolumnen

"ÜberLeben": Herakles und Käubö

Als Kind wollte ich im Fasching als Herakles gehen – ich las damals am liebsten die griechischen Heldensagen. Meine Eltern schüttelten sich vor Lachen: Griechische Helden seien muskelbepackte Männer gewesen, keine Volksschüler mit Krankenkassenbrille, meinten sie. Auf den Gegenvorschlag, mich als Winnetou zu verkleiden – das war damals noch erlaubt – verzichtete ich. Mit schwarzer Perücke sah ich eher aus wie ein Kobold als wie ein Indianerhäuptling, pardon, wie der Bundespräsident der amerikanischen Ureinwohner. Also ging ich als Cowboy. Das war nicht besonders lustig, denn alle Burschen gingen damals als Cowboy (oder wie wir sagten: Käubö). Als einziger Bub hatte ich keinen Spielzeugrevolver im Waffenhalter, denn meine Eltern waren Pazifisten und erlaubten mir kein „Kriegsspielzeug“. Ich war also quasi wehrlos.

Den „Villacher Fasching“ im Fernsehen zu schauen, war damals ebenfalls verboten (schade, denn damals hätte er mir vielleicht gefallen), denn meine Eltern waren außerdem Deutschlehrer und Gegner der Idee, dass es manchmal auch einfach gesund sein kann, unter Niveau zu lachen.

Mein Verhältnis zum Fasching war also von klein auf ein schwieriges.

Als ich erwachsen wurde, hasste ich den Fasching. Erwachsene Menschen, die sich das Gesicht anmalten, um eine Ausrede zu haben, sich sinnlos zu betrinken: Ich gebe zu, ich kapierte es nie.

Und jetzt das: Meine Freundin äußerte den Wunsch, den berühmten Mödlinger Faschingsumzug zu sehen, und weil ich meine Freundin mehr mag, als ich den Fasching nicht mag, sagte ich zu. Wir verkleideten uns als wir selbst und marschierten los. Das Erste, das wir erblickten, waren zwei gelangweilte Polizisten. „Schau!“, rief ein Kind im Käubö-Kostüm, die sind als Polizei verkleidet!“ Nein, meinte die Mutter, die seien echt. Die Polizisten lächelten milde, und in dem Moment begann  es zu schütten.