Kolumnen

Rolex-Affäre: Vergessen zu heucheln

Von Politikern wird Talent zur Heuchelei erwartet.

So müssen sie bei der Frage nach ihrem Lieblingsgetränk immer „Apfelsaft gespritzt“ sagen, denn Alkohol kommt nicht gut an – und einfach nur „Mineralwasser“ würde auch unsympathisch, weil zu asketisch wirken. Lieblingsspeise muss immer etwas Bodenständiges sein, das Verbundenheit zu Heimat und Familie belegt, also etwa „die Marillenknödel meiner Oma“. Besonders heikel ist  die Frage nach dem Urlaub: Wer hier etwas Teures angibt, das eindeutig nicht in Österreich liegt – z. B. „Seychellen“ – ist beim Wähler unten durch. Beliebt sind dagegen Antworten wie „an einem österreichischen See“ oder „zu Hause“.

Eine deutsche Staatssekretärin ließ sich dieser Tage mit einer teuren Rolex-Uhr am Handgelenk fotografieren – und ist seitdem einem Shitstorm ausgesetzt. Sie hat im Grunde genommen nichts falsch gemacht (wen geht ihre Uhr was an?). Sie hat nur vergessen, zu heucheln.