Paaradox: Verspielt
SIE
Und weil es irgendwie lustig ist, spielen wir neuerdings immer wieder mal Scrabble. Kennen Sie wahrscheinlich, und falls nicht: Das ist dieses Brettspiel, bei dem die Spieler aus zufällig gezogenen Buchstaben Wörter legen und dabei diverse Bonusfelder (Dreifacher/doppelter Wortwert oder Buchstabenwert) nutzen können. Nun, zunächst fällt mir dazu Loriots legendärer Satz ein: „Spiel ist etwas Heiteres, es soll Freude machen.“ Eh. Aber Freude? Bei uns? Naja.
Funkelnde Wort-Schätze
Denn eigentlich diskutieren wir schon beim anfänglichen Ziehen der Buchstaben darüber, zu wie viel Prozent Scrabble aus Glück, Intelligenz bzw. Wortgewandtheit besteht. Am Ende schaut’s dann so aus: Wenn der Mann gegenüber gewinnt, ist das naturgemäß seiner umwerfenden Intelligenz und den funkelnden Hufnagl’schen Wort-Schätzen geschuldet. Wenn ich gewinne, skizziert er mich farbenfroh als Glücksschwammerl. Deshalb gebe ich zu, dass ich in eine Art mentalen Heroinrausch verfalle, wenn es mir gelingt, das punktestarke Y oder Q auf das Feld mit dreifachem Buchstabenwert, gepaart mit einem insgesamt 3-fach-Wortwert zu platzieren. Interessant ist dann seine Reaktion auf meinen Triumph. Denn statt sich mitzufreuen und mir anerkennend auf die Schultern zu klopfen, fängt er an, umfassend herumzujammern. Dass er heute deshalb sehr unkonzentriert und blockiert ist, weil er untertags zu viel verbrauchte Luft geatmet hätte. Oder unpässlich, weil er am frühen Morgen eine Lebensmittelmotte in seiner Küche flattern hat sehen. Er tischt mir also diverse Leidensgeschichten auf – um zu erreichen, dass ich irgendwann sage: Na gut, dann schenke ich dir halt ein E, – in Kenntnis seiner expressiv kommunizierten Selbstlaut-Krise. Bleibt nur noch die Frage, wie es aktuell im Kuhn-Hufnagl’schen Scrabble-Giganten-Kampf steht: unentschieden! Und daran wird sich so bald nix ändern
ER
Scrabble ist ein großartiges Spiel, deshalb habe ich es auch aus dem Keller geborgen, wo es zwischen Mastermind, Mühle und Malefiz zu verstauben drohte. Das Problem ist, dass es dafür zwar ein ausgeklügeltes Regelwerk gibt, die Auslegung dessen, was sprachlich erlaubt sein soll, aber individuell ausgemacht werden muss. Da fängt’s schon an. Wenn meine Frau und ich uns auf Gesetzmäßigkeiten einigen müssen, steht ein Abbruch des Spiels bereits im Raum, ehe es überhaupt begonnen hat. Ich will nämlich ein nur sehr eingeschränktes Repertoire gestatten, während sie am liebsten alles zulassen will: auch Eigennamen, Plusquamperfekt-Fragmente, Anglizismen, Abkürzungen. Was dazu führt, dass sie Kombinationen wie AAMOF aufs Brett zaubern möchte. Wenn ich dann sage, dass es sich dabei um keinen gängigen Begriff handeln würde, antwortet sie: Doch, das heißt ‚As A Matter Of Fact’ und ist in einer modernen Zeit sehr gebräuchlich. Dann sage ich: „Nie gehört, zählt nicht.“ Und sie: Kennt jeder, muss zählen.
Augenzwinkern
Weil sie der Meinung ist, dass ich ein linguistischer Biedermeier bin, und der Duden als Schiedsrichter kein Kompromiss sein kann. Wenn ich dann mit Kreationen wie EHUES (Ein Herz und eine Seele) kontere, um ihr zu zeigen, dass wir Scrabble auf diese Art ad absurdum führen (auch deshalb, weil man für so einen Blödsinn keine zwei E opfert), meint sie: Also das ist jetzt lächerlich. Wir haben es dann aber doch noch geschafft, ein paar Partien zu absolvieren. Was vor allem daran lag, dass ich mich streng an die eigenen Vorgaben hielt und kuhn’sche Schöpfungen wie DAGWIN (altgermanischer Name) oder PROSNA (polnischer Fluss) mit einem Augenzwinkern akzeptierte, solange sie damit keinen dreifachen Wortwert lukrieren wollte. Trotzdem hatten wir es zwischenzeitlich sehr lustig. Bis ich ein Spiel am Ende noch verlor, weil sie noch das erlaubte QUETZAL (Währung in Guatemala) legen konnte. Da darf man beleidigt sein.
Unser nächster Termin: Lesekabarett „Schatzi, geht’s noch?“, 12. März, St. Pölten, Bühne im Hof
Twitter: @MHufnagl