Johannas Fest: Chaotisch Kochen
Von Johanna Zugmann
Samstag vor einer Woche waren wir zur Geburtstagsfeier unseres Freundes Paul eingeladen. Paul wollte selbst kochen und wünschte sich von meinem Mann die Zulieferung von Meeresfrüchten.
Nichts tut der Göttergatte lieber, als Austern, Schwertmuscheln, Taschenkrebse und Vongole einkaufen. Für beides ist ihm kein Weg zu weit.
Ist man im Winter bei Paul eingeladen, sitzt man auf Barhockern am Küchenblock. Der Esstisch im hinteren Bereich des Zimmers war diesmal besetzt von den Kindern und deren Mutter, die den Herren der Schöpfung den Herd kampflos überließ; nicht aus Angst, dass ihr die Speisen nicht gelingen würden. – Nein, vielmehr deshalb, weil für deren Zubereitung kaum ein freier Quadratmeter Arbeitsfläche zur Verfügung steht.
Die Architekten-Küche
In der Küche gibt es einen Luxus-Dampfgarer, einen Herd mit Backofen und ein weiteres Backrohr. Eine riesige Espressomaschine Marke Bezzera Galatea Domus und das Prosciutto-Kultschneidegerät Berkel BB1 aus den 1930er-Jahren sind links und rechts der Abwasch platziert.
Den Riesen-Kochtopf mit der Pasta, die als Beilage zu den im Ofen gegrillten Schwertmuscheln und den unter Dampf gegarten Vongole gereicht wurden, abzuseihen, ist schon eine Herausforderung. Für den Brotkorb und die zwei Schüsselchen mit den liebevoll zubereiteten Aioli-Saucen (einmal vegan mit Sojamilch, einmal klassisch) fand sich am Küchenblock auch kein Platz mehr. Gemütlich war es allemal, lustig und an Ungezwungenheit nicht übertreffbar.
Auf mein Dankes-SMS antwortete Paul: „Schreib’ doch bitte einmal, dass auch chaotisches Kochen okay ist, wenn es sich nach Familie anfühlt. Dann würde mir das helfen – immer die Perfektion bei diversen Einladungen macht Stress.“
Nein, mit Perfektionsanspruch soll er sich beim Kochen bloß nicht belasten und schon gar nicht deshalb unter Ausschluss der Freunde kochen und dinieren – das wäre für letztere ein echter Schaden!
Aber als Architekt – der kreativste, den ich kenne – vielleicht ein bisschen mehr Arbeitsfläche als Platz für die Trophäen seiner Design-Schnäppchen-Jagden einplanen. Er hat auch unsere Küche geplant. Sie wird von unseren Gästen stets bewundert und ist sogar in einem Architekturführer dokumentiert. Aber praktisch ist sie nicht. Auch mir bleiben nämlich maximal eineinhalb Quadratmeter Arbeitsfläche. Und die muss ich noch ständig vor meinem Göttergatten verteidigen! Den hat Paul nämlich schon vor Jahren mit dem Schnäppchenjagd-Fieber auf Design-Klassiker infiziert.