In Schönbrunn in einen Käfig sperren!
Von Guido Tartarotti
Früher war alles besser. Das ist ja ein eher übel beleumundeter Satz, dabei ist er völlig zutreffend. Nämlich immer dann, wenn man das Heute schon hinter sich gelassen hat und selbst zu diesem geheimnisvollen Land namens „Früher“ gehört, in dem es gerade deshalb so schön war, weil es so nie existiert hat.
Früher war deshalb alles besser, weil „früher“ immer jene Zeit beschreibt, in der man jung war und die Welt noch neu. Nie schmeckt etwas so intensiv, wie dann, wenn man es zum ersten Mal kostet: Eine Mahlzeit, ein Getränk, ein Musikstück, eine Stadt, die Liebe – alles ist köstlicher beim ersten Mal, wenn man noch keinen Vergleich hat. Ein Paradoxon: Wie kann etwas köstlicher sein, wenn man noch nichts anderes kennt?
Damit zurück aus dem Reich der Freizeitphilosophie ins graue Alltagsleben: Früher waren auch die Beschimpfungen besser. Vor etwa 25 Jahren schrieb ich eine Konzertkritik, in der ich die Vermutung äußerte, die Kelly Family (eine damals populäre Popgruppe) wäre in Wahrheit eine aus alten Fahrradteilen und Atommüll zusammengeschraubte chinesische Geheimwaffe, die mit ihren winselnden Gesängen die westliche Welt mürbe machen solle, auf dass wir alle verzweifelt nach Kommunismus und Wan-Tan-Suppe brüllen. (Hat offenbar nicht funktioniert, weswegen die Chinesen dann Corona erfinden mussten, um ... NEIN! Das stimmt nicht! Nicht, dass ich hier versehentlich eine neue Verschwörungstheorie in die Welt setze!).
Ein Kelly-Family-Fan hat damals nicht den Presserat angerufen oder der Krone ein Interview gegeben, in dem er mir linkslinken Hass und die Spaltung der Gesellschaft vorwarf, wie es später der Volkssänger Andreas G. tat, sondern auf wunderschönem Papier mit wunderschöner Schrift Folgendes geschrieben: „Herr Tartarotti gehört in Schönbrunn in einen Käfig gesperrt und zur Besichtigung freigegeben.“
Diese elegante Beschimpfung gefiel mir ausnehmend gut.