Ein Sommer wie noch nie
Von Guido Tartarotti
Heuer werde ich tun, was ich seit 1980 nicht mehr gemacht habe: Sommerurlaub in Österreich.
Der Gag dabei: Das hat überhaupt nichts mit Covid zu tun.
Im Jänner, als Corona noch für ein wässrig schmeckendes mexikanisches Bier stand und nicht für Elefanten, Klopapier, Masken und Angst, hatte ich einen, wie ich dachte, tollen Einfall: Heuer, wenn alle anderen in der Türkei, in Italien oder in der DomRep im verdorrten Gemüse herumsitzen und Sonnenbrände bekommen, fahre ich an den Grundlsee. Dort habe ich sicher meine Ruhe und kann in mich gehen. (Ist es nicht interessant, dass wir glauben, immer dann am besten in uns gehen zu können, wenn wir nicht zu Hause sind?)
Jetzt wird es dort vermutlich von Menschen wimmeln, die in Ruhe in sich gehen wollen.
Im Sommer 1980 fuhr ich mit meinen Eltern nach Kärnten, in einem Opel Kadett, mit Meerschwein, Katze und Hund. Ein Wunder eigentlich, dass bis zum Eintreffen am Faaker See die Katze nicht das Meerschwein und der Hund nicht anschließend die Katze gefressen hatte.
Am Faaker See regnete es 14 Tage lang („macht nichts, du bist ja nicht aus Zucker“, sagte die Mutter), wir hatten kalte Füße, spielten Karten und versuchten, dem Meerschwein, der Katze und dem Hund „Platz!“ beizubringen. Beim Hund klappte es, beim Meerschwein auch, wobei dessen einziger Lebensinhalt darin zu bestehen schien, „Platz!“ zu machen.
Einmal ging mein Vater im Regen Windsurfen, daraus wurde aber keine Erfolgsgeschichte, was vor allem daran lag, dass mein Vater prinzipiell auf der falschen Seite des Segels stand.
Was ich diesen Sommer vermissen werde:
Open-Air-Rockkonzerte (in der Wiese liegen und gute Musik hören);
Sommertheaterpremieren (endlich einmal wird hemmungslos Komödie gespielt, ohne „Regiekonzepte“, nackerte Schauspieler und zeitkritische Sozialgräue);
eine Flugreise in ein fernes, fremdes Land.
Was ich diesen Sommer nicht vermissen werde:
Open-Air-Rockkonzerte (viel zu viele Menschen, um in Ruhe in der Wiese liegen zu können, gelangweilte, alkoholisierte Altstars, die beim Versuch, ihre Gitarren unfallfrei über die Bühne zu tragen, musikalisch entgleisen);
Sommertheaterpremieren (mutlos inszenierte, zu Recht unbekannte Nestroy-Stücke, die wegen ausufernder Vizebürgermeisterreden mit einer Stunde Verspätung beginnen);
eine Flugreise in ein fernes, fremdes Land (Fliegen gehört zu den würdelosesten Möglichkeiten, das Klima zu schädigen und sich in zu engen Sitzen die Venen zu lädieren. Ferne, fremde Länder sind vor allem fern und fremd, außerdem meist zu heiß sowie von fragwürdiger Nahrungsmittelqualität).
Was ich machen werde: Ins Freibad gehen und dort der Zeit dabei zuhören, wie sie langsam und gemütlich vergeht. Als Begleittier empfiehlt sich heuer der Anstands-Wauwau, sprich: Abstands-Elefant, im Idealfall aufblasbar. Hund, Katze und Meerschwein dürfen zu Hause bleiben.