Die ganze Wahrheit über Floridsdorf
Von Barbara Beer
Wetten, es gelingt mir, das F-Wort (jenes, das mit -oridsdorf endet) auch in einer Kolumne unterzubringen, die von Hollywood handelt?
Sie werden sehen.
Das Redaktionskomitee der Wiener Ansichten hat nun zu Recherchezwecken eine Reise leider nicht nach Hollywood, zumindest aber zum Wiener Rathaus unternommen. Genauer gesagt in das benachbarte „Musa“, wo das Wien Museum derzeit gastiert. Zu sehen ist dort eine Ausstellung über den Architekten Richard Neutra und die Wohnhäuser, die er ab Mitte der 1920er in Kalifornien gebaut hat.
Neutras Häuser bestechen durch naturnahe Schönheit und Modernität. Man möchte auf der Stelle einziehen. Diese sonnige Leichtigkeit ist umso faszinierender, wenn man bedenkt, dass Neutra in einer finsteren Altbauwohnung in der Wiener Leopoldstadt aufgewachsen ist. Aber ja, er lernte nicht zuletzt bei Revoluzzern wie Adolf Loos, dass Ornament zu vermeiden ist und begeisterte sich früh für die amerikanische Architektenlegende Frank Lloyd Wright (er nannte sogar seinen ersten Sohn nach ihm).
In Wien gibt’s von Richard Neutra leider nur das Haus in der Werkbundsiedlung in Hietzing. Wer mehr von ihm sehen will, muss nach Kalifornien.
Das hätte nicht so sein müssen. Neutra hätte gerne mehr gebaut in Wien, wo er am Ende seines Lebens wieder lebte. Es hat nicht geklappt. Wenigstens hat Neutra eine Gasse, ganz in der Nähe des Schriftstellers Egon Friedell. Und zwar in, erraten, Floridsdorf. Nicht im schönsten Teil, sondern draußen in einem Industrie-Niemandsland nahe der Siemensstraße.
Weil wir ständig davon reden: Das Redaktionskomitee der Wiener Ansichten muss jetzt einmal etwas loswerden. Wir stammen zwar aus dem 21., wohnen aber längst ganz woanders. Ebenso wie Erika Pluhar, Barbara Albert oder Peter Pacult, übrigens. Der, wie er dem Redaktionskomitee einst erzählte, eigentlich Fleischhauer werden wollte. Aber das ist eine andere Geschichte.