Jugendliche wollen gehört werden: Zwei Manifeste
Von Heinz Wagner
Auf dem Platz für Menschenrechte vor jener Ecke des MuseumsQuartiers, in der das Theaterhaus für junges Publikum „Dschungel Wien“ beheimatet ist, präsentierten kürzlich Jugendliche ein umfassendes Manifest mit dem Titel #Zukunftslaut. Ebenfalls vor Kurzem trafen einander Jugendliche aus Italien, Slowenien, Polen und Österreich um unter dem Titel „My Revolution“ in Workshops Forderungen für ein Jugend-Manifest zu erarbeiten. Das soll – durch Corona verzögert sich alles – Anfang des kommenden Jahres hochrangigen Vertreter_innen der EU in Brüssel übergeben werden.
Umfassende Diskussionsprozesse
Beide Aktionen waren keine Eintagsfliegen, an beiden Manifesten arbeite(te)n Jugendliche seit Monaten, Erstere in Live-Treffen der Initiative YEP – Youth Empowerment Participation, Zweitere vor der Begegnung in Wien real in ihren Ländern, wegen Corona aber häufig in Online-Konferenzen. Wobei alle erleichtert waren, dass zufällig die beteiligten Länder nicht von Reisebeschränkungen betroffen waren. Beim realen Arbeiten in acht Workshops ging’s schon weit lebendiger und intensiver zu als bei Treffen in virtuellen Räumen.
Jedenfalls trafen einander fünf Dutzend Jugendliche aus den genannten vier Ländern. Da auch die eine oder andere Delegation Migrant_innen eingebunden hatte, waren die Workshops zu Themen von Arbeit, Freizeit, Bildung, Umwelt/Tierrecht/Klimaschutz, Gesundheit, Soziales, Menschenrechte und Systemkritik noch multikultureller.
Nicht nur Umwelt- und Klimaschutz
Aleksandra aus Krakau und Milosz aus Poznań (beides Städte in Polen), Asia aus dem italienischen Bologna, Sabrina und Anna aus Salzburg sowie Luka aus Kranj (Slowenien) schilderten in Interviews mit dem Kinder-KURIER, was und wie sie zu Veränderungen/Verbesserungen des Planeten beitragen. Denn darüber waren sich alle jungen Teilnehmer_innen des Projekts „My Revolution“ – aber auch jene von YEP einig: Nicht nur das ökologische, auch das soziale und wirtschaftliche Klima muss sich ändern, wenn die Menschheit auf dem Planeten eine Zukunft haben will/soll.
Aleksandra engagiert sich „natürlich bei Klimademos in meiner Heimatstadt und anderen sozialen Aktionen, ich bin aber schon seit sehr vielen Jahren eine Pfadfinderin wo wir uns für Natur und gutes soziales Zusammenleben engagieren“.
Alles hängt mit allem zusammen
Milosz, in seiner Heimatstadt Aktivist u.a. bei „Extinction Rebellion“ (aktionistischer ziviler Ungehorsam in mittlerweile mehr als fünf Dutzend Ländern) erzählt „in Polen kämpfe ich für Veränderungen bei Demos und anderen Aktionen auf der Straße. Hier kann ich an dem Manifest mitarbeiten das hoffentlich hohe EU-Politiker_innen lesen und so zu Veränderungen beitragen“.
Wie die meisten anderen hier alle Themen „so betrachte ich Arbeit – das war der Workshop wo ich mitgearbeitet habe – aus holostischer Sicht, also alles hängt zusammen. Ohne gute, grüne und ethische Jobs können wir keine bessere Zukunft erschaffen, um unseren Planeten zu retten!“
Gesellschaftsklima
Weil sozusagen alles mit allem zusammenhängt, widmete sich neben den genannten großen Themen ein Workshop auch der „Systemkritik“. In diesem arbeitete Asia aus Bologna (Italien) mit. „Da ist einfach alles inkludiert – von der Demokratie bis zu Rassismus, Feminismus, LGBTQ. Unter anderem finden wir, dass in politischen Funktionen Frauen und Männer gleich zur Hälfte vertreten sind. Es sollten darunter aber auch Migrantinnen und Migranten und vor allem auch junge Leute sein. Damit alle verschiedenen Gruppen ihre Ideen einbringen können.
Was Bildung betrifft, sollten vor allem wir Schülerinnen und Schüler gefragt werden. Wir wollen unsere Gedanken und Forderungen äußern und wünschen uns, dass Politiker_innen uns zuhören.“
Fair-Trade und Klimaschutz in der Schule
Sabrina und Anna aus dem BORG Oberndorf (Salzburg) wurden in ihrer Schule auf „My Revolution“ durch ihre Gegografie-Lehrerin aufmerksam. „Wir waren natürlich auch schon bei Klimastreiks dabei. Unsere ganze Schule macht aber auch sehr viel Konkretes – wir sind eine Fair-Trade-Schule – das gilt fürs Buffet aber auch für Sachen, die die Schule einkauft, wo auf faire Produkte aber auch Klimaschutz geschaut wird. Die Konferenz da ist eine tolle Möglichkeit, aktiver an Veränderungen teilzunehmen, solche anzustoßen.“
Viele, viele kleine Schritte
Luka aus dem slowenischen Kranj meinte zunächst: „Es klingt jetzt vielleicht ein bisschen paradox. Bis jetzt hab ich die Welt nicht verändert. Ich glaube, die Welt kann nur durch viele, viele kleine Schritte von möglichst vielen Menschen an vielen verschiedenen Orten verändert werden.“ Ansatzlos leitete er dann allerdings dazu über, sehr wohl so manches dazu beizutragen: „Um es konkreter zu machen, ich bin Pfadfinder wo wir schon lange lernen, die Natur zu respektieren, ihren Wert zu erkennen und ihr helfen, indem wir zum Beispiel viel Müll aufklauben, etwa am internationalen Earth Day (22. April, aktuell in gut 175 Ländern begangen, Anm. der Redaktion). Dort und hier verstehen wir uns als Teil der Jugend für Umweltgerechtigkeit, indem wir mit vielen anderen diskutieren, zur Veränderung beitragen – von Protesten bis zum Müll sammeln. Das verändert die Welt noch nicht, aber es sind Beiträge dazu, die notwendig sind.“
Mensch sollte doch einfach Mensch sein
Warum wird immer eingeteilt – in Frauen- und Männerberufe, in schwarz oder weiß … diese und noch einige Beispiele von Barrieren beim Zusammenleben nannten Jugendliche der oben schon erwähnten Initiative YEP – Abkürzung der schon genannten englischen Begriffe für Jugend, Ermächtigung und Teilhabe/Mitbestimmen. „Warum kann nicht einfach Mensch gleich Mensch sein!?“ In einem Mix aus Aufruf, Appel und doch Ärger darüber, dass diese simple Erkenntnis (noch lange?) nicht Allgemeingut ist, rief das eine der Rednerin ins Mikrophon am Platz der Menschenrechte.
Die Jugendlichen, die ungefähr ein Jahr lang in etlichen Treffen und Workshops Themen von Bildung über Rassismus, Armut, mentale Gesundheit, Nachhaltigkeit bis zu Sexismus, Chancengerechtigkeit und Partizipation diskutiert und erarbeitet hatten, wollten nicht einzeln namentlich vorkommen – „nein lieber als YEP“, meinten sie zum Kinder-KURIER.
Zu jedem der genannten und weiteren Themen haben sie teils detaillierte Forderungen erarbeitet. Letztlich laufen sie alle auf ein besseres Zusammenleben aller Menschen hinaus. Und – wie auch bei „My Revolution“ ihnen und anderen Jugendlichen zuzuhören, „die Zukunft gehört nicht nur euch, sie gehört auch uns!“ heißt es in diesem „Manifest der Stimme der Jugend“.
Suedwind.at -> Meine Revolution
Wer das #zukunftslaut-Manifest oder weitere Infos über YEP will, kann dasbestellen und zwar hier