Wie geht das? Kochen im Distance-Learning
Von Heinz Wagner
Eines der vielen Phänomene in dieser komischen Zeit: Osterferien schienen kaum stattzufinden. Sowohl Schüler_innen als auch Lehrer_innen sind dauernd erreichbar oder rühren sich auch von selber beim Kinder-KURIER. Nun, zuletzt waren’s welche aus der HLTW Bergheidengasse (Höhere Lehranstalt für Tourismus und wirtschaftliche Berufe). Schon am Beginn der Zeit, in der alle auf Home-Schooling, eLearning usw. umstellen mussten, wollten wir wissen: Wie spielt sich das in sehr praxisnahen Fächern und Gegenständen ab. Denn wie sich Arbeitsaufträge in Mathe, Englisch, Deutsch, Geschichte, oder so auf elektronischem Weg bewerkstelligen lassen, leuchtet ein, aber wie passiert das beim Kochen oder im Service-Bereich?
Samantha Michaela Hübner und Solena Magnard aus der 3HKB des Zweigs Event- und Veranstaltungsmanagement dieser berufsbildenden höheren Schule schildern dem Kinder-KURIER in Telefoninterviews exemplarisch, wie die beiden jüngsten Arbeitsaufträge ihrer Lehrerin Michaela Hilpold so abgelaufen sind. Außerdem berichtet Moritz Wiedemann aus der 2HHD über sein Home-Cooking, angeleitet von Lehrer Mario Kisielewski.
„Zuhause-Gefühl“ in der eigenen Küche
„In deiner eigenen Küche kennst dich aus, du hast so ein Zuhause-Gefühl. Und die Schule hat auch nicht so sehr Druck gemacht“, so beginnt Solena Magnard ihre „Home-Schooling“-Kocherfahrung dem Kinder-KURIER zu erläutern. Und trotz "Heim"-Arbeit kocht sie in der Familien-Küche in der Schul-Jacke ;)
„In Kochen hatten wir den Auftrag, etwas Vegetarisches oder Veganes zuzubereiten und das auch irgendwie zu dokumentieren.“
Sie habe sich entschlossen als Vorspeise Spargel mit Ei zu kochen und mit Tomaten zu dekorieren. „Da hab ich mich ein bisschen ausgetobt.“
Bei der Hauptspeise griff sie auf ein altes Familienrezept zurück, ein Tomaten-Risotto ihrer Urgroßmutter, die sie noch gekannt hat, die aber mittlerweile verstorben ist. „Die hat es meiner Mutter beigebracht. Sie hat nie Rezepte aufgeschrieben, sondern immer nur im Kopf gehabt.“ Beim gemeinsamen Kochen wurden diese Geheimnisse weitergegeben – „ja, jedes Risotto ist anders“, so die Urenkelin. Die Großmutter dazwischen „war nicht so ganz die Köchin“.
Die Entscheidung auf vegetarisch und nicht vegan sei deswegen gefallen, „weil in der veganen Küche viel mit Soja gearbeitet wird und in meiner Familie einige Histamin-Allergien haben“.
Mutter als Kamerafrau
Beim Kochen hat sich Solena Magnard von ihrer Mutter mit dem Handy filmen lassen, „aber ich hab ihr gesagt, was und wie ich gerne hätte“ – sozusagen Mama Kamerafrau sowie die Tochter als Regisseurin und Hauptakteurin in einem.
Die Spezialität der Schülerin ist übrigens gar nicht so sehr das Kochen, sondern backen, „meine Spezialität sind Macarons“. Und das schon seit früher Jugend an. „Vom Kochen war ich früher nicht so der größte Fan. Aber ich hab mir diese Schule ausgesucht und dadurch, dass wir viel kochen müssen, mag ich’s jetzt und koch auch zu Hause mehr. Nachspeisen sind aber noch immer meine Spezialität und ich besuche deswegen auch das Freifach Patisserie.“
Extra Videoschnitt selber beigebracht
„Wir haben den Arbeitsauftrag bekommen, eine vegetarische oder vegane Vor- und Hauptspeise zu kochen und dabei waren unserer Kreativität keine Grenzen gesetzt“, so Samantha Michaela Hübner. „Wir konnten etwa mit Lebensmitteln, die wir zu Hause hatten, oder auch extra einkaufen gehen. Und wir sollten Fotos machen, die wir dann mit einem Protokoll der Lehrerin schicken.“
Diese Schülerin hat, wie sie erzählt, „nach jedem Arbeitsschritt das Ergebnis fotografiert. Dann hab ich im Internet gesucht und eine App gefunden, mit der ich aus den einzelnen Fotos ein Video produzieren kann. Damit kann man auch Musik und Text einfügen und das Video individuell gestalten. Das hab ich mir dann extra beigebracht, weil ich wollte der Lehrerin was schicken, das richtig cool ist.“
Zum ersten Mal vegetarisch gekocht
War vegetarische oder vegane Küche und Kochen etwas Neues für Sie?
„Auseinandergesetzt damit hab ich mich schon früher, aber noch nie etwas gekocht. Es war wieder eine neue Erfahrung, die ich sonst zu Hause nie gemacht hätte“, beantwortet die Jugendliche die oben gestellte Frage des Kinder-KURIER. Und verrät auch das Menü: Bärlauch-Creme-Suppe als Vor- sowie Gemüse-Laibchen mit Brokkoli und Schnittlauch-Bärlauch-Soße. Für die Gemüselaibchen putzte und schnitt Hübner Karotten, Zucchini, Kartoffel, Mais und Zwiebel.
Für das Fach Restaurant-Management, hinter dem sich vereinfacht gesagt/geschrieben Servieren verbirgt, lautete der Arbeitsauftrag: Einen Käseteller mit mindestens zwei verschiedenen Sorten anzurichten. Vor dem Anrichten mussten die Käse verkostet und ein entsprechendes Protokoll verfasst werden.
Jetzt doch Ferien machen
Nun will sich Samantha Michaela Hübner doch auf die Ferien konzentrieren. „Bis Mitte Mai haben wir ja keine Schule und diese paar Tage will ich dann doch nicht an die Schule denken.“ Neben dem guten Notendurchschnitt von 1,0 besucht diese Schülerin noch Zusatzfächer wie Jungsommelier/Jungsommelière, Patisserie, kümmert sich bei Normalbetreib in der Schule um einen Fair-Trade-Stand, ist Peer-Mediatorin… „Die Lehrerinnen und Lehrer versuchen uns so viel wie möglich zu unterstützen.“
Aber jetzt „will ich diese Ferien so richtig auskosten.“
Geht das bei den Ausgangsbeschränkungen?
Naja, ich hab schon viel mehr Zeit als sonst auch für meine Hobbys Sport und lesen.“
Sport zu Hause?
Lesen kann ich mir gut vorstellen, aber wie geht das mit dem Sport zu Hause?
Mit einer Freundin hab ich vorher schon einmal in der Woche gemeinsam Sport gemacht, jetzt sind wir vier, fünf Mädels, die uns via Facetime zum gemeinsamen Home-Work-Out verabreden.
Viel nachdenken
An Lektüre „fesseln mich neben Liebesgeschichten Psychologie-Bücher, jetzt gerade les ich von Mark Manson „The Subtle Art of Not Giving a F*ck“. Bevor sie den Titel nennt, schiebt sie noch ein „Tschuldigung“ ein, wegen des F-Worts im Buchtitel. („Die subtile Kunst des drauf Sch***“, heißt er auf Deutsch.) „Es geht darum, zur eigenen Meinung zu stehen und sich nicht so viel darum kümmern, was andere meinen. Ich finde, besonders diese Zeit, wo wir viel zu Hause sein müssen, sollte man nutzen, über sich und andere Dinge nachzudenken, einfach, um aus dieser Krise als stärkere, wachsende Person rauszukommen und sich mit Mitmenschen auseinander zu setzen.“
So oft wie möglich kochen
„Jetzt wo Ferien sind, wir frei haben und ich eh nicht viel raus kann, versuch ich so viel wie möglich, meistens jeden Tag, zu Hause für die ganze Familie – Eltern und eine Schwester – zu kochen“, erzählt – mitten in der Osterferienwoche – Moritz Wiedemann. „Und wenn wer anderer kocht, helf ich mit, umgekehrt helfen auch die anderen aus der Familie mit, wenn ich koche.“
Wiedemann besucht die zweite Klasse des Zweigs Hotel- und Gastronomie-Management in der Bergheidengasse. Die Wahl ist seinerzeit auf diese Schule gefallen, „weil ich schon immer gern gekocht habe – solange ich mich erinnern kann, hab ich zumindest schon in der Küche mitgeholfen“. Seine Schwester besucht auch diese Schule und „hat immer nur Gutes erzählt. Und es war sicher keine falsche Entscheidung“, schmunzelt der junge leidenschaftliche angehende Koch.
Trotzdem, gerne zu Hause kochen und nun Fern-Aufträge, wie gestaltet sich das, will der Kinder-KURIER wissen.
Nudelteig mit Wellenrand
„Ja, wir haben gleich in der ersten Woche nachdem wir zu Hause lernen mussten, einen Arbeitsauftrag von unserem Praxislehrer Mario Kisielewski bekommen.“ Es war ein Nudelteig. Er hat den Schüler_innen ein Video aus Einzelbildern geschickt, in dem er jeden einzelnen Arbeitsschritt vorzeigt. „Aber wir konnten uns dann selber aussuchen, was wir daraus machen – welche Art der Nudeln und ob mit Sugo oder was auch immer. Ich hab Bandnudeln gemacht und ein Bärlauch-Pesto. Während der Teig rasten musste – das ist so ungefähr eine halbe Stunde – hab ich mir überlegt, was ich machen könnte, damit’s schöner ausschaut, innovativer ist.“
Moritz Wiedemanns Bandnudeln bekamen einen gewellten Rand. „Mir ist eingefallen, wir haben so eine Art Pizzaschneider zu Hause mit gewellter Schneide. Normal wird der eher für Keksteig verwendet, aber ich hab eben damit die Bandnudeln geschnitten.“
Die Rückmeldung an den Lehrer sollte ebenfalls über Fotos erfolgen. „Ich hab meine Mutter gebeten, zu fotografieren, damit ich arbeiten kann. Das hat mich auch nicht abgelenkt.“ Am Ende suchte der Jungkoch die schönsten Bilder aus jenen, die seine Mutter aufgenommen hatte, aus und mailte sie dem genannten Lehrer.
Sechs Dinge aussuchen und daraus was machen
„Herr Kisielewski hat übrigens noch ein paar Koch-Anleitungs-Videos auf die Instagram-Seite unserer Schule gestellt, so dass wir uns noch so einiges anschauen können wie zum Beispiel einen Apfelstrudel usw.“
Über die Osterferien gibt’s einen weiteren Koch-Auftrag. „Da sollen wir nur aus unserem Vorratskastl sechs Zutaten zu einem Warenkorb zusammenstellen und daraus was Eigenes kochen. Da können wir unserer Kreativität freien Lauf lassen. Das ist auch schon eine gute Vorbereitung auf die Fachprüfung. Bei der bekommen wir auch „nur“ einen Warenkorb und dürfen/müssen selber auswählen, was wir daraus machen. Aber auch in unserem späteren beruflichen Leben kann das so sein, dass du dann in der Hotelküche schauen musst, was da ist und was du draus kochen kannst.“