Geschmacksvorgaben werden über Bord geworfen und die Küche der Anden ist im Kommen.
Nudeln als Vorspeise fanden die Österreicher anno 1995 vor allem in der Nudelsuppe gut. Und auf dem Hauptspeisenteller fanden Teigwaren lediglich als Beilage zu Fleischgerichten Platz. "Als Hauptspeise wurden Teigwaren bei unserer damaligen Studie kaum genannt", erinnert sich die Food-Trend-Expertin Hanni Rützler. 20 Jahre später habe sich das Verhältnis praktisch umgekehrt: Pasta in allen nur erdenklichen Variationen zählen zu den beliebtesten Speisen der Österreicher – und führt die Rankings von Gerichten und Rezeptsammlungen an.
Ein schönes Beispiel, um das Wesen von Food-Trends zu erklären, findet Rützler. Denn damit sind keine schnelllebigen Oberflächenflächenphänomene gemeint. "Mit diesem Begriff beschreiben und analysieren wir in der Forschung längerfristige Veränderungsbewegungen und Wandlungsprozesse innerhalb bestimmter Esskulturen."
Das heißt: Was in zehn bis 15 Jahren selbstverständlich sein wird, nimmt schon heute seinen Anfang. "Trends und neue Entwicklungen zeigen Bedürfnisse und Sehnsüchte auf." Der Burger aus dem Labor und Insekten als Fleischersatz gehören in den nächsten Jahren definitiv nicht dazu, prophezeit Rützler im soeben erschienenen "Food Report 2015" des Zukunftsinstituts. "Der Ekel-Faktor ist noch viel zu hoch." Denn Food-Trends sind immer auch kulturell geprägt.
Soft Health: In gesundheitlicher Hinsicht wurde lange versucht, Lebensmittel dem Lebensstil anzupassen und musste daher auf manches verzichten. "Dabei wurde oft verlernt, das Gute auch zu genießen. Dem Genuss muss man auch eine Chance geben." Der Trend "Soft Health" vereint kulinarisch ansprechende, aber zugleich gesunde Konzepte.
DIY Food:Das Motto "do it yourself" ist auf dem Vormarsch. Für Hanni Rützler stellt er die "reinste Form der Individualisierung" dar. Aus jahrhundertelanger Notwendigkeit wird ein Luxus, den man sich gönnt. Dazu kommt, dass das Label "hausgemacht" nicht nur reine Inhaltsstoffe vermittelt. Man kann sich dadurch auch als "Macher" zeigen, der alte Kulturtechniken beherrscht. Rützler glaubt, dass dadurch auch der Lebensmittelmarkt verändert wird.
Food Pairing: Der neue Trend "Food Pairing" geht noch einen Schritt weiter: Der Geschmackshorizont soll erweitert werden. Gemeint ist damit die optimale Kombination von ähnlichen Aromen. "Es ist der Versuch, die Lebensmittel mit naturwissenschaftlichem Profil zu erobern." Im Internet gibt es bereitsinteraktiv animierte Hilfen, wo auch Nicht-Chemiker an passenden Kombis tüfteln können. Vielleicht verspeisen wir schon bald genüsslich weiße Schokolade mit Kaviar, wie der Belgier Bernard Lahousse und anderen vorgeschlagen wird. Je verwandter sich zwei Aromen sind, desto besser passen die Zutaten auch zueinander.
Hybrid Food: In den 1990er-Jahren sprach man noch von "Fusion Food", das unter anderem "east goes west" bezeichnet wurde und sich vor allem in der Topgastronomie fand. "Hybrid Food" ist dabei wesentlich weiter gefasst. Ausprobieren ohne Grenzen steht dabei im Zentrum - aber nicht nur im Restaurant sondern auch im Supermarkt. Man könnte auch sagen: Nix ist fix. Oder: Alles ist möglich. "Es hat etwas total Befreiendes: Nichts muss mehr so gemacht werden wie bisher", sagt Rützler. Hybride Konzepte betreffen allerdings mehrere Ebenen. "Da geht es nicht mehr nur um Gerichte, gefragt sind ganze Konzepte." Jamie Oliver macht es gerade mit seiner neuen Kochschule in London vor. "Auf zwei Ebenen hat er eine Schauküche zum Mitkochen samt Restaurant und Shop realisiert."
Cocina Novandia:Nach den skandinavischen Spitzenköchen sind nun die der südamerikanischen
Anden mit ihrer "Cocona Novoandina" im Kommen. Falls Sie demnächst Ceviche (Bild links) auf einer Speisekarte lesen sollten, greifen Sie zu. Der rohe, in Limettensaft marinierte Fisch gilt als das "Sushi der Anden." Es wird meistens mit Süßkartoffeln und geröstetem Reis serviert.
Alpine Küche: Sie ist laut Hanni Rützler gerade dabei, sich neu zu erfinden. "Der Trend zum Regionalen verspricht kreativen Konzepten zu einem neuen Boom." Besonders erfrischend: Tradition und Innovation werden vermischt.
GastroVeggie: Vegetarische und vegane Küche hat auch in der Gastronomie ihren Platz gefunden. Weil immer mehr Konsumenten auf Fleisch verzichten, wird Gemüse zum neuen Star am Teller - nicht nur in Gourmet-Lokalen