Leben/Reise

Schladming im Sommer 2020: Familienurlaub mit dem Mountainbike

Heinz ruft über seine Schulter: „Nach der Kurve wird es ein wenig steiler.“ Der Guide wird in der Wahrnehmung immer kleiner. Auch Frau und Kind verschwinden langsam aber sicher aus der Perspektive. Was war das doch nur für eine Schnapsidee, die beiden mit Heinz auf ein E-Bike zu setzen und selbst nur mit Muskelkraft auf den Dachstein zu fahren?

Es wird tatsächlich noch steiler. Zum Glück führt die Strecke in den Wald und es wird schattiger. Der Pulsschlag im Ohr erinnert an längst vergessen geglaubte Technobeats aus den 1990er-Jahren. Doch so schlecht sind die Wienerwald-Wadeln nicht beinander. Der Anstieg wird gemeistert und die Familie ist wieder vereint. Frau und Bub schwitzen im Gegensatz zu Papa kaum, dennoch ist die Anstrengung bald vergessen und die Stimmung steigt.

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Zum ersten Mal in der Familiengeschichte bezwingen wir gemeinsam einen Berg. Ohne elektrische Unterstützung wären die beiden nie vom Bikeverleih Ski Willy in Schildlehen bei Ramsau bis zur Talstation der Dachstein-Gletscherbahn gekommen. Mehr als 1.000 Höhenmeter werden es am Ende der Tour sein. Stolz und Freude verdrängt die Ablehnung gegen die E-Biker, die dem puristischen Mountainbiker genauso suspekt waren wie dem Schulstreber der Schummler.

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Unter Strom

Zum Abschluss der Tour führt der Weg an der Brandalm vorbei, hinter der das Dachstein-Massiv eine imposante Kulisse bildet und vor der Dutzende E-Bikes stehen. Sogar eine Ladestation wurde bei der Hütte errichtet. Das Angebot richtet sich nach dem Bedarf. Und da hat sich in der Region einiges geändert. Schladming und die Nachbargemeinden setzten schon früh auf die Mountainbiker und haben jetzt auch im Sommer eine gute Auslastung auf den Bergbahnen. Seit 21 Jahren findet hier die Alpen Tour Trophy statt. Im Juni 2019 waren zirka vierhundert Mountainbiker aus dreißig Nationen bei dem Rennen über vier Etappen am Start. Die Ausgabe 2020 wurde wegen Corona auf 2021 verschoben.

Bike-Guide Heinz Sieder war lange Zeit Streckenchef des Bewerbs und kennt also jede Kehre, jeden Trail und jeden Anstieg auf den umliegenden Bergen auswendig. Auch er fährt auf einem E-Bike. Das unglaubliche Potenzial, das die Elektro-Fahrräder bieten, wurde erkannt und wird immer mehr genützt, meint Heinz. Natürlich steige aber auch die Zahl der Unfälle. Ungeübte Biker kommen jetzt auf Strecken, die sie wohl mit Muskelkraft nicht erreicht hätten.

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Ähnlich verhält es sich auf der anderen Seite des Ennstals in den Bikeparks auf der Reiteralm und der Planai. Am 29. Mai, gleichzeitig mit der Öffnung der Beherbergungsbetriebe, beginnt auf den Trails die Saison. Die beiden Berge werden heuer viele Mountainbiker anlocken, die sich bequem mit der Seilbahn zu den Starts der Abfahrten bringen lassen können. Und diese haben es in sich. Während oben auf der Reiteralm die Junior Trails auch Kindern eine Spielwiese bieten, werden auf der Planai die Profis des Downhillbikens ihre Freude haben. Da beim Bau der neuen 10er-Gondel die Lifttrasse neu gestaltet werden musste, legte das Team von Sebastian Bartl Hand an. Mit seiner Firma alp.reif plant und baut er Mountainbike-Parks in den Alpen. Natürlich auch in Schladming, wo es jetzt mehr als zehn verschiedene Abfahrten gibt: von der anfängertauglichen Flowline bis zur Jumpline mit 99 spektakulären Sprüngen oder zum Worldcup-Downhill.

Wer kein passendes Rad mit ordentlich Federweg hat, der hat in den Shops bei der Seilbahn oder in den Sportgeschäften eine gute Auswahl. In der Hochsaison empfiehlt es sich aber, vor dem geplanten Trail-Tag ein Rad zu reservieren.

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Damit machen dann die Abfahrten auch richtig Spaß. Obwohl: Die Anstrengung beim Bergabfahren sollte auch nicht unterschätzt werden. Die vielen Kurven, Hügel und sehr engen Passagen verlangen dem ungeübten Downhill-Biker jede Menge Kraft und Konzentration ab. Nicht zu unterschätzen ist auch die Dauer. Wer glaubt, die Talabfahrt auf der Reiteralm ist ähnlich flott zu bewältigen wie im Winter auf Skiern, der irrt. Fünfzehn bis zwanzig Minuten bis hinunter zur Seilbahn Preunegg-Jet sind im risikolosen Tempo schon einzuplanen.

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Die Abwechslung

Dass bei diesem Angebot irgendwann zumindest die Sitzknochen zu schmerzen beginnen, ist gut möglich. Nein, es ist sogar wahrscheinlich.

Ein Glück, dass die Region noch viel mehr zu bieten hat. Zwischen Reiteralm und Planai muss zum Beispiel unbedingt die Rodelbahn auf der Hochwurzen bezwungen werden – im Sommer mit dem Mountain-Gokart. Die Abfahrt auf der sieben Kilometer langen Strecke in den dreirädrigen Karts kann süchtig machen. Noch mehr Adrenalin gibt es am Stoderzinken bei Gröbming. Die Zippline hat ab 11. Juni wieder geöffnet und lässt die Gäste auf einem 2,5 Kilometer langen Stahlseil 700 Meter in die Tiefe gleiten. Oder eher rasen – bei Geschwindigkeiten bis zu 115 Stundenkilometer. Kinder ab acht Jahren und dreißig Kilogramm Gewicht dürfen mitfliegen.

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Beschaulicher, aber nicht weniger eindrucksvoll geht es auf den Hunderten Wanderwegen in der  Region zu. Besonders zu empfehlen sind die Pfade im Ober- und Untertal bei Rohrmoos. Spektakulär und auch mit Kindern zu bewältigen ist der Alpinsteig durch „die Höll“ ausgehend vom Seeleitenparkplatz. Entlang des Riesachwasserfalls geht es hinauf zum Riesachsee, der auch im heißen Sommer bitterkalt ist und zum Entspannen sowie zum Kneippen einlädt.

Am Ende des Obertals führt ein ebenfalls familientauglicher Weg von der Eschachalm hinauf zum Duisitzkarsee, wo der Fahrlechhütte ein Besuch abgestattet werden muss. Die Spezialitäten von  Küchenwirtin Elisabeth sind mittlerweile so beliebt, dass sie ihre Rezepte auf Anfrage auch per Mail verschickt (www.fahrlechhuette.at). Der Schwarzbeerschmarrn zum Beispiel soll schon so manchen Mountainbikern Appetit auf die nächste Tour gemacht haben.

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Das Rezept Schwarzbeerschmarrn

Für den Teig braucht man einen Viertel Liter Milch, drei  bis vier Eier, 200 Gramm Mehl und Zitronenschale. Die Masse wird in Margarine herausgebacken. Dann wird zirka ein Viertel Liter gefrorene Schwarzbeeren darüber gestreut. Am Pfannenrand wird ein Esslöffel Margarine zerlassen. Mit einem Esslöffel Zuckergemisch (halb Zucker, halb Vanillezucker) wird karamellisiert. Danach wird alles mit dem Schmarren vermischt und auf dem Teller mit Zimt sowie Staubzucker betreut.
 

Klimafreundliche Anreise
Die beste Verbindung von Wien nach Schladming mit dem Railjet und dem EC inklusive Umstieg in Leoben dauert nur 3:44 Stunden und kostet ab 19 Euro (oebb.at). Von Schladming aus verkehren Linienbusse. Seit dem Wochenbeginn fahren auch wieder die Wanderbusse zu den Ausgangspunkten der schönsten Ausflugsziele

Badevergnügen
Am „Ramsau Beach“ gibt es einen 6.000 m² großen Badesee, der ab 30. Mai wieder geöffnet ist. Ähnlich groß ist das Seebad in Pichl

Radverleih
In vielen Sportgeschäften können Räder geliehen werden, auch in den Bike-Centern der Seilbahnen. In der Bike Schule Pekoll kann Fahrunterricht genommen werden. Inklusive Kinderbetreuung.

Storno-Angebot
Wegen der Corona-Krise gibt es das Angebot „Sorglos urlauben“. Viele Betriebe bieten bei einer Buchung über schladming-dachstein.at kostenlose Stornierung oder Umbuchung bis acht Tage oder kürzer vor Anreise an

Auskunft
Schladming-Dachstein-Tourismus, Tel. 03687/23 310, schladming-dachstein.at

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