Französischer Modeschöpfer Pierre Cardin gestorben
Von Maria Zelenko
Wenn es nach seinen Eltern gegangen wäre, hätte Pierre Cardins Karriere ganz anders ausgesehen. Architekt sollte er werden, doch der kleine Pietro Cardini – so sein echter Name – hatte andere Pläne. Geboren am 2. Juli 1922 in der Nähe von Venedig, wäre das jüngste von sieben Kindern am liebsten Tänzer oder auch Schauspieler geworden. Dafür reichte aber das Geld nicht. Deshalb entschloss er sich, nach der gemeinsamen Auswanderung mit den Eltern, zu einer Schneiderlehre.
Aus den ursprünglichen Berufswünschen wurde bekanntermaßen nichts: Cardin stieg zum weltweit gefeierten Modemacher auf. Am vergangenen Dienstag starb er im Alter von 98 Jahren in einem Krankenhaus in Neuilly westlich von Paris.
Mode fürs Kaufhaus
Noch bevor er im Jahr 1950 sein Haute-Couture-Atelier gründete, machte Cardin in der Modewelt von sich reden. Nach Stationen bei Paquin und Schiaparelli landete der junge Kreative bei Christian Dior. Den bahnbrechenden Erfolg des revolutionären „New Look“ hatte Letzterer auch seinem Assistenten zu verdanken, der ihm bei dessen Entwicklung half.
Ganz anders Pierre Cardins modische Herangehensweise als selbstständiger Designer. 1958 sorgte er für einen wahren Skandal, als er seine erste Prêt-à-porter-Kollektion präsentierte, die er nicht von Hand, sondern mithilfe von Nähmaschinen anfertigen ließ. Als ob seine Mode für die Masse nicht schon ungewöhnlich genug wäre, bot er diese auch noch einem Kaufhaus an. „Wenn du schon kopiert wirst, kannst du es auch gleich selbst tun“, sagte Cardin später.
Er nahm sich selbst beim Wort: In den darauffolgenden Jahren nützte der geschäftstüchtige Italo-Franzose jede Gelegenheit, sein Imperium aufzubauen. Kinderwagen, Essbesteck, und schließlich sogar Zigaretten trugen seinen Namen.
Cardin galt neben Paco Rabanne und André Courrèges auch als Erfinder der futuristischen Mode. Nachdem 1961 der Russe Yuri Gagarin als erster Mensch ins Weltall geflogen war, hatte sich der Designer von der Raumfahrt-Euphorie anstecken lassen. Er experimentierte mit Vinyl, Plastik und Silber gefärbtem Leder, um daraus Kleider zu kreieren, die wie von einem fernen Planeten wirkten.
Berühmt machte ihn aber nicht nur die Frauenmode. Für die Beatles entwarf der gebürtige Italiener Sakkos ohne Kragen und mit einem runden Ausschnitt.
Cardins Liebesleben
So viel über Pierre Cardins Entwürfe gesprochen wurde, so wenig wollte er über sein Privatleben verraten. Für Schlagzeilen sorgte jedenfalls seine mehrjährige Affäre mit Schauspielerin Jeanne Moreau, die angeblich ausgerechnet bei der Beerdigung seines einstigen Mentors Christian Dior ihren Anfang nahm.
In den vergangenen Jahren starben zahlreiche große Namen der Modewelt. Der wohl am meisten betrauerte Verlust: Am 19. Februar 2019 starb Karl Lagerfeld im Alter von 85 Jahren. Er war seit 1983 Chefdesigner bei Chanel und seit 1965 bei Fendi gewesen.
Bereits 2016 war eine der renommiertesten Frauen der Branche gestorben: Sonia Rykiel hatte sich in den Siebzigerjahren als Königin des Strick einen Namen gemacht. Im selben Jahr erlag US-Modemacher Oscar de la Renta seinem Krebsleiden. Die Marke war von zahlreichen First Ladies, darunter Hillary Clinton und Michelle Obama, getragen worden.
Azzedine Alaïa, berühmt für seine (am liebsten schwarze) Mode aus Leder und Stretch, erlitt im Jahr 2017 im Alter von 82 Jahren einen Herzinfarkt. Ein Jahr später musste die Welt von Hubert de Givenchy Abschied nehmen. Der Franzose war als Lieblingsdesigner von Audrey Hepburn bekannt geworden, die seine Mode in „Breakfast at Tiffany’s“ trug.
Tragisch war der Freitod von Alexander McQueen im Jahr 2010: Er starb im Alter von nur 40 Jahren.