Tiercoach: Warum Antibiotika nicht leichtfertig gegeben werden
Von Hedwig Derka
Als Penicillin Mitte des vorigen Jahrhunderts breitenwirksam in der Wundheilung eingesetzt wurde, war das ein Wendepunkt in der Humanmedizin. Mittlerweile sind zahlreiche Anwendungen gut erforscht und Antibiotika werden genauso in der Veterinärmedizin verschrieben – mit denselben Nutzen und Gefahren.
„Früher wurde alles Mögliche mit Penicillin geheilt, heute sind leider viele Keime gegen Penicillin resistent geworden und man kann an so einem Keim sterben“, sagt Zoodoc Katharina Reitl. Der KURIER-Tiercoach erklärt, warum eine restriktive Handhabe des Arzneimittels so wichtig ist, und was in der Bekämpfung von Bakterien darüber hinaus zu beachten ist.
Resistenzen
„Es gibt zwei triftige Gründe, warum die Gabe von Antibiotika wohl überlegt sein muss“, sagt Reitl. Einerseits steigt die Gefahr von Resistenzen; immer mehr Keime überleben die Therapie. Werden die Präparate nicht zielgerichtet verordnet bzw. fehlerhaft – z. B. zu kurz – eingenommen, können Bakterien so mutieren, dass die derzeitigen Mittel der Pharmaindustrie wirkungslos sind. Andererseits können Antibiotika bei falscher Anwendung die Gesundheit des Vierbeiners massiv gefährden. Nicht einmal eine antibiotische Augensalbe darf eigenmächtig aufgetragen werden, auch hier drohen Resistenzen bzw. bei Kombinationspräparaten eine Hornhautauflösung. Antibiotika in Eigenregie eignen sich auch nicht bei Durchfall. Dieser wird nur selten von pathogenen Bakterien ausgelöst; Nebenwirkungen können schwer wiegen.
Zur Behandlung von Bakterien
„Es gibt Erkrankungen, da kommt man nicht um ein Antibiotikum herum“, sagt die Tierärztin aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn. Die Entscheidung basiert auf einer klinischen Untersuchung. Dazu können Blutwerte bestätigen, ob Bakterien oder Viren am Leid beteiligt sind. Bei Unsicherheit über die Empfindlichkeit bringt ein Antibiogramm Aufschluss. Nicht zuletzt fließt der Schweregrad der Erkrankung ins Management ein.
Nur in Absprache mit dem Veterinärmediziner
Für die Therapie steht eine große Auswahl an Wirkstoffen zur Verfügung. Auch betreffend die Form der Darreichung gibt es mit Tabletten, Pulver, Pasten u. a. verschiedene Möglichkeiten. Schließlich sind manche Präparate auf die einzelnen Tierarten zugeschnitten. Was etwa Hunden hilft, kann Kaninchen beeinträchtigen. „Nicht jedes Antibiotikum wirkt bei jedem Tier bzw. jeder Krankheit gleich gut“, sagt der Zoodoc. Bei Patienten, die bereits mit Medikamenten versorgt werden, gilt es, Wechselwirkungen zu vermeiden. Auch Vorerkrankungen und Alter müssen berücksichtigt werden. Zieht das Antibiotikum das Mikrobiom stark in Mitleidenschaft, steht gleichzeitig die Sanierung der Darmflora an.
„Die Entscheidung für ein Antibiotikum liegt beim Tierarzt“, begrüßt Reitl die Rezeptpflicht: „Die Gabe soll ja helfen, nicht schaden.“
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