Streetfood: Warum in Italien jetzt Foodtrucks boomen
Während italienische Restaurants und Pizzerien immer noch keinen Ausweg aus der Coronakrise gefunden haben und oft zur Schließung gezwungen sind, segelt der Bereich Streetfood auf Erfolgskurs.
Die Italiener meiden geschlossene Lokale, stürmen aber Imbisswagen, die regionale Spezialitäten anbieten. Rom feiert unterdessen an diesem Wochenende das "Internationale Street Food Festival".
Frisch zubereitet
Von Wanderhändlern frisch zubereitete Speisen auf der Straße oder an anderen öffentlichen Orten wie Messen, bei Festivals und auf Märkten erleben im Gourmet-Paradies Italien Hochkonjunktur. Noch vor einigen Jahren wurde Straßenessen mit Lebensmitteln von geringem qualitativen Wert assoziiert. Heute hat sich der Wind gedreht: Streetfood ist in.
Mit originellen kulinarischen Vorschlägen laden Wanderhändler zur Wiederentdeckung traditioneller, regionaler und lokaler Gerichte. Food Trucks werden in Wander-Restaurants umgewandelt, die Qualitätsspeisen offerieren und traditionelle sowie moderne Küche verbinden. Oft bietet Streetfood auch die Gelegenheit, Lebensmittel aus fernen Ländern und anderen Traditionen kennenzulernen.
Auch Starköche sind dabei
Renommierte Küchenchefs tragen zum Boom der Branche bei. Sterneköche von internationalem Ruf starten mit dem Street-Food-Geschäft, nehmen an Veranstaltungen teil oder organisieren diese direkt. Einige beschlossen sogar, sich einen Food Truck zu kaufen und an dem Trend mit Gourmet-Gerichten und kulinarischen Experimenten teilzunehmen.
Mattia Spadaro ist ein Restaurant-Betreiber der dritten Generation. Sein Großvater öffnete 1974 ein auf Fischgerichte spezialisiertes Lokal in der Badeortschaft Nettuno südlich von Rom. Das Geschäft boomte, bis Ende Februar in Italien die Coronavirus-Epidemie ausbrach und ein zweimonatiger Lockdown folgte. "Zwei Monate Stillstand: Das war für mich schlimm, denn ich kann nicht einfach zu Hause sitzen. Ich fürchtete, dass viele Plätze in meinem Lokal wegen der Abstandsregeln wegfallen würden, so habe ich mir einen Food Truck angeschafft und ihn für meine Zwecke umgewandelt", berichtete Spadaro der APA.
Heute bereist er ganz Italien und bietet seine Fischgerichte auf Food-Festivals und Märkten an. Sein Markenzeichen sind Panini mit Fischspezialitäten. Das Brot produziert er selbst nach einem Familienrezept. "Brot und Fische" hat Spadaro seinen Food Truck genannt und hofft, dass der Bezug zum Evangelium ihm Glück bei seinem reisenden Geschäft bescheren wird.
Baumkuchen aus Ungarn importiert
Street Food ist auch für andere Italiener inzwischen zu einer Berufung geworden. Der Florentiner Kaufmann Paolo Giulli besaß noch vor sieben Jahren ein Kleidergeschäft in der Toskana. Bei einem Urlaub in Ungarn entdeckte er zufällig den "Kürtöskalacs", den traditionellen Baumkuchen in rohrähnlicher Form aus süßem Germteig, der auf Holzrollen über offenem Holzkohlefeuer gebacken wird. "Es war Liebe auf den ersten Bissen. Ich habe mich in Budapest in einen Kurs eingeschrieben und gelernt, wie man den 'Kürtöskalacs' zubereitet. Das Kleidergeschäft habe ich aufgegeben, denn die damit verbundenen Ausgaben waren zu hoch. Seitdem bereise ich Italien und biete auf Märkten und Volksfesten meine ungarischen Spezialitäten an", erzählte Giulli. Kunden stehen vor seinem Wagen Schlange.
Initiator des "Internationalen Festivals für Street Food" ist der Unternehmer Alfredo Orofino. Im vergangenen Jahr machte er mit seinem Event Station in 30 italienischen Städten und zog fünf Millionen Besucher an. "Das Konzept ist einfach: Wir bieten auf Straßen und Plätzen Gerichte an, die man sonst zu Hause nie zubereiten würde. So kann man regionale und internationale Spezialitäten kennenlernen."
Zwei Monate Lockdown und der schwierige Neustart mit strengen Anti-Covid-Auflagen machen Orofino das Leben nicht leicht. "Doch mit Optimismus und Kreativität überwindet man alle Hürden. Die Menschen wollen wieder leben, sich treffen und ins Freie gehen. Daher ist ein Streetfood-Festival die ideale Gelegenheit, um auszugehen, Personen kennenzulernen, und das alles auf offenen Plätzen, wo weniger Ansteckungsgefahr ist", sagte der Unternehmer. Qualität ist Orofino besonders wichtig. "Wir bieten Gourmetgerichte und Getränke zu wettbewerbsfähigen Preisen an. In Italien ist die Krise akut und die Menschen achten darauf, wie sie ihr Geld ausgeben. Bei uns findet man die richtige Kombination aus Qualität und Preiswertigkeit."