Gesundheitsstudie: Run auf private Gesundheitsvorsorge
Die Pandemie hat tiefe Spuren im Bewusstsein der Österreicher hinterlassen. Doch rund vier Jahre nach ihrem Ausbruch geht es mit Österreich in Sachen Gesundheit wieder bergauf. Aktuelle Zahlen der Gesundheitsstudie 2023 der Wiener Städtischen enthüllen: Die Mehrheit der Österreicher fühlt sich nicht nur körperlich fitter, sondern erlebt auch eine spürbare Entlastung im mentalen Bereich. Sonja Steßl, Generaldirektor-Stellvertreterin der Wiener Städtischen Versicherung: „Die Pandemie und ihre Folgen haben uns alle stark gefordert und noch deutlicher vor Augen geführt, was wirklich wichtig ist. Es ist eine neue Sensibilität rund um das Thema Gesundheit entstanden, die auch lange nach dem Ende der Corona-Maßnahmen anhält und bei vielen ein Umdenken bewirkt hat.“ Für diese Erkenntnisse wurden 1.000 Österreicher zwischen 16 und 70 Jahren durch das Gallup Institut im Namen der Wiener Städtischen online befragt.
Gesundheitswende
In Österreich präsentiert sich die physische Verfassung der Bevölkerung wieder in alter Stärke: Etwa 60 Prozent der Befragten attestieren ihrem Gesundheitszustand das Prädikat „(sehr) gut“. Hierbei stechen insbesondere die jüngere Generation und Personen mit höherer Bildung hervor. Das ältere Segment sowie Singles zeigen sich dagegen etwas kritischer. Über den Zeitstrahl hinweg zeigt sich: Für viele bleibt die Gesundheit konstant, während bei einem Sechstel in den vergangenen zwölf Monaten ein Aufwärtstrend zu vermerken war. Aber 27 Prozent bemerkten einen Rückgang des körperlichen Wohlbefindens. Interessanterweise gewinnt das Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung immer mehr an Bedeutung: Zwei Fünftel der Österreicher legen heute mehr Wert auf ihre Gesundheit als noch ein Jahr zuvor. Insbesondere Männer (42 Prozent) berichten von einem gestiegenen Gesundheitsbewusstsein, bei Frauen sind es 37 Prozent.
Jugendpsyche belastet
Während sich die allgemeine mentale Belastung im Vergleich zum Vorjahr leicht entspannt hat, bleibt die Situation bei Kindern bis 18 Jahren bedenklich. Aktuell sehen 39 Prozent der Eltern ihre Sprösslinge als mental (sehr) belastet an. Im Jahresverlauf stellten nur 12 Prozent der Eltern eine Verbesserung bei ihren Kindern fest, während die Zahl derer, die eine Verschlechterung bemerkten, auf 14 Prozent deutlich gesunken ist. Erwachsene nehmen ihre eigene mentale Situation differenziert wahr: Rund vier von zehn verzeichnen Veränderungen, wobei 22 Prozent eine Verschlechterung spüren. Positiv zu betonen ist dabei, dass bei der vorher stark belasteten Gruppe der 16- bis 35-Jährigen über ein Viertel eine Besserung wahrnimmt. Insgesamt attestieren sich drei von fünf Österreichern derzeit ein „(sehr) gutes“ mentales Befinden. Einen bemerkenswerten Anstieg zeigt der Rückgriff auf professionelle Hilfe: 40 Prozent der von mentalen Problemen Betroffenen ziehen Experten hinzu. Das ist ein Zuwachs von 12 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Ein Drittel zieht dies für die Zukunft in Betracht. Eine schwindende Minderheit verzichtet ganz auf solche Angebote, überzeugt davon, allein damit zurechtzukommen – ein Trend, der glücklicherweise nachlässt.
Alternativmedizin
Für die Österreicher ist die Alternativ- bzw. Komplementärmedizin ein wichtiger Faktor. Drei von vier Befragten halten sie für einen essenziellen Bestandteil ihrer Gesundheitsversorgung. Über die Hälfte hat bereits Erfahrungen mit solchen Behandlungen, wobei 20 Prozent im letzten Jahr darauf zurückgriffen. Hauptgründe für die Nutzung sind Nacken- und Rückenbeschwerden sowie Stresssymptome. Insbesondere bei Frauen stehen auch Kopfschmerzen und depressive Stimmungen im Fokus. Homöopathie ist dabei die führende Methode, wobei 70 Prozent der Anwender von einem erfolgreichen Behandlungsverlauf berichten. Interessanterweise haben auch 43 Prozent der Eltern von Minderjährigen Alternativmedizin für ihre Kinder genutzt, vor allem bei Allergien und Nervosität.
System in der Krise
Ein besorgniserregendes Ergebnis der aktuellen Gesundheitsstudie ist, dass sich die Meinung der Österreicher zum staatlichen Gesundheitssystem erheblich verschlechtert hat. In den letzten zwei Jahren sank die Zufriedenheit um beachtliche 21 Prozentpunkte, lediglich jeder Zweite gibt sich noch zufrieden. Kritisiert werden vor allem lange Wartezeiten bei Kassenärzten, die knapp bemessene Behandlungszeit und steigende Selbstbehalte. Diese Faktoren animieren viele dazu, über eine private Gesundheitsvorsorge nachzudenken. Tatsächlich verfügt bereits jeder Dritte in Österreich über eine solche Zusatzversicherung, wobei die Angebote für Privatärzte und Sonderklasse besonders gefragt sind. Bei 37 Prozent der Bürger wuchs in den letzten zwölf Monaten das Interesse an einer solchen Absicherung – das ist ein Anstieg von 7 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Besonders die jüngere Generation, die 16- bis 35-Jährigen, zeigt sich hier aktiv: Fast jeder Zweite denkt hier über eine private Vorsorge nach.