Chronik/Wien/WOHNKURIER

"Ich bin mit 23 Jahren ins Altersheim gezogen"

„Wenn meine Freunde mich zu Hause besuchen, kommen sie ins Pflegewohnheim. Das war zu Beginn doch eine recht ungewöhnliche Situation für alle,“ lacht die 23-jährige Studentin Josefine. Diesen Schritt hat sie aber keineswegs bereut. „Es ist eine wunderbare Möglichkeit zu wohnen und ganz viel Neues kennenzulernen. Wenn ich mit den Bewohnern etwas unternehme, sind es oft die ganz kleinen Dinge, die große Freude machen. Zum Beispiel einer Bewohnerin die Nägel zu lackieren, einfach zuzuhören oder gemeinsam ein Eis zu essen.“ Sieben Stunden die Woche verpflichten sich die Studenten, ehrenamtlich tätig zu sein, im Gegenzug bekommen sie eine kleine Wohnung sehr kostengünstig zur Verfügung gestellt. „Wie wir die gemeinsame Zeit nutzen, bleibt uns ganz frei überlassen. Das Personal ist immer offen für neue Ideen. Derzeit planen wir beispielsweise einen Kinoabend mit Popcorn für alle, die teilnehmen wollen. Die Vorfreude ist bereits groß.“ Gefunden hat Josefine dieses Wohnprojekt über WOHNBUDDY, einer Plattform, die generationengreifende WGs mit Partnern vermittelt (siehe Infos unten).

Neuer Blick aufs Leben

Die 33-jährige Jacky ist eine weitere von insgesamt sechs Studenten im Caritas-Haus St. Klemens. Sie berichtet auch auf dem Blog www.meinplan.at über ihren Alltag im Pflegewohnhaus: „Da ich selbst gerade die Ausbildung zur Sozialpädagogin absolviere, finde ich diese Projekt wirklich persönlich sehr bereichernd. Es geht hauptsächlich darum, Zeit mit den Menschen zu verbringen.“ Im Umgang mit den Senioren geht natürlich vieles nicht mehr so schnell, erzählt Jacky weiter: „Da merke ich, dass ich in einer schnelllebigen Zeit wie heute auch entschleunigen und mir für manche Dinge Zeit nehmen darf. Für mich ist es das perfekte Wohnen, ich kann mich jederzeit zurückziehen und habe doch die Möglichkeit, unter Leuten zu sein und damit auch noch etwas Gutes zu tun. Das totale Rundum-Paket. Ich würde mir wirklich wünschen, dass das in Zukunft jedes Pflegewohnhaus anbietet.“

Win-win-Situation

Daniel Merkl, der vonseiten der Caritas das Projekt im Haus koordiniert und die Studenten betreut, schildert, wie positiv sich das Zusammenwohnen auf alle Beteiligten auswirkt: „Unsere Studenten schärfen ihre soziale Kompetenz, lernen sehr viel über Gesprächsführung und aktives zuhören. Eine Jus-Studentin hat sich beispielsweise tagelang mit einer Bewohnerin, die auch Juristin war, über Rechtsnovellen ausgetauscht, beide hatten unglaublich viel Spaß dabei.“ Für die Bewohner ist es zwar kein Familien-Ersatz aber eine große emotionale Unterstützung, die sich auch merklich auf die Pflege auswirkt, erzählt Merkl weiter: „Wir merken beispielsweise, dass die Bewohner auch körperlich wieder aktivierter sind. Da kann es schon mal vorkommen, dass jemand plötzlich mit dem Rollstuhl wieder selbstständig über eine Rampe fahren kann, um mit einem Studenten Zeit im Park zu verbringen. Es passieren also durchaus auch Wunder.“

Wohnbuddy: Die etwas anderen WGs

Vermittlung. Eine Plattform bringt Jung & Alt unter einem Dach zusammenBereits 2015 wurde die Idee zu „WGE! – Gemeinsam wohnen“ von Lukas Hecke, Marlene Welzl und Manuel Schuler geboren. „Am Anfang ging es darum, erste Wohngemeinschaften zwischen Jung & Alt in Wien zu gründen und zu sehen, wie sich dieses Konzept entwickelt. Wir haben uns die Frage gestellt, ob und inwieweit die verschiedenen Lebenswelten zusammenpassen. Jetzt sind wir dabei, herauszufinden, wie wir dieses Modell weiter ausbauen können“, so Manuel Schuler über die Anfänge und den künftigen Weg der Initiative. Anfang 2019 wurde ein wichtiger Schritt in Richtung Neuausrichtung gesetzt. Mit der neuen, stärker unternehmerischen Aufstellung wurde auch der Außenauftritt überarbeitet: WOHNBUDDY wurde geboren.

Zwei Wohnmodelle

Zum aktuellen Zeitpunkt stehen zwei unterschiedliche Vermittlungsmodelle zur Verfügung: WOHNBUDDY vermittelt private Wohngemeinschaften zwischen Jung & Alt – ältere Menschen stellen jungen Menschen erschwinglichen Wohnraum zur Verfügung. Dadurch kann bestehender Leerstand genützt und eine neue Form des generationsübergreifenden Zusammenlebens etabliert werden. Das Wichtigste: die neuen Wohnpartner unterstützen sich gegenseitig, und  nach den gemeinsam vereinbarten Vorstellungen. Zusätzlich ermöglicht WOHNBUDDY neue Formen des Zusammenlebens in Senioren- und Pflegewohnhäusern. Durch die Zusammenarbeit mit Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser (KWP), der Residenz Josefstadt und der Caritas Österreich können frei stehende Zimmer in deren Wohnhäusern in ganz Wien für junge Menschen günstig zur Verfügung gestellt werden. WOHNBUDDY kann übrigens sowohl von  Wohnraumstellern als auch Wohnraumsuchenden kontaktiert werden.  

www.wohnbuddy.com