Wiener Grüne wollen Hundeführschein für alle
Von Bernhard Ichner
Einen Tag, bevor die 12. Novelle des Wiener Tierhaltegesetzes im Landtag beschlossen werden soll, streben die Grünen bereits die 13. an. Eine generelle Maulkorbpflicht für Listenhunde lehnt der kleinere Koalitionspartner zwar ab - weshalb der Punkt für die Sitzung von der Agenda genommen wurde. Dafür wünscht man sich eine Maulkorbpflicht für aggressive Hunde - unabhängig von der Rasse - sowie einen verpflichtenden Hundeführschein für alle Hunde. Mit letzterem Punkt gehe auch die Forderung nach einem Alkohollimit für alle Hundehalter einher, sagt Umweltsprecher Rüdiger Maresch.
Auslöser für die nun vor dem Beschluss stehende Novelle war, wie berichtet, der tragische Tod eines einjährigen Kindes, dem in Wien vom Rottweiler einer alkoholisierten Halterin tödliche Bissverletzungen zugefügt worden waren.
Zwar bringe der Gesetzesentwurf der Stadt nun viele Verbesserungen, wie verschärfte Kontrollen, verpflichtende Nachschulungen für Hundehalter oder bis zu 1000 Euro Strafe für Listenhundebesitzer, die beim Gassigehen mit dem Tier mehr als 0,5 Promille im Blut haben. Andere Punkte, wie die von Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) angestrebte Maulkorbpflicht für Listenhunde, seien dagegen "politische Schnellschüsse", meint Maresch.
Grüne gegen Gießkannenprinzip
Nach Ansicht der Grünen mache es keinen Sinn, "sozusagen mit der Gießkanne über alle Listenhunde zu entscheiden, egal ob das Tier nun friedlich ist oder nicht" - zumal Halter besagter Rassen auch schon bisher verpflichtet sind, ihrem Vierbeiner in Menschenansammlungen oder Öffis einen Maulkorb anzulegen.
Die Beschränkung auf 12 Rassen, die 6 Prozent aller Wiener Hunde ausmachen und für 16 Prozent der Bissattacken "verantwortlich" sind, kann Maresch nicht nachvollziehen. "Und was ist mit den restlichen 84 Prozent?", fragt er. Heruntergebrochen auf die einzelnen Rassen fänden nämlich die meisten Bissvorfälle durch Schäferhunde und Dackel statt - die beide nicht zu den Listenhunden zählen. Der Fokus auf die Hunderasse allein sei also nicht zielführend, monieren die Grünen.
Die Antwort könnten also nur ein verpflichtender Hundeführschein für alle Rassen sowie eine Maulkorbpflicht für aggressive Hunde sein. Auf welche Tiere dies zutrifft, könnten die Trainer bei der Prüfung zum Hundeführschein am besten beurteilen, sagt Maresch. Mit der Gleichbehandlung aller Hunde müsse auch ein Alkolimit für alle Halter einhergehen. Ab kommender Woche wollen die Grünen weiterverhandeln.
"Keine Kampfhunde-Ausbildung für Chihuahuas"
Sima (SPÖ) kann dem Hundeführschein für alle allerdings wenig abgewinnen. „Ich sehe nicht die Notwendigkeit, dass man jeden Chihuahua-Besitzer durch eine für Kampfhunde gedachte Schulung schickt“, sagt sie.
Die Beißstatistik von Schäferhunden ließ die Ressortchefin gesondert ausheben. Demnach sind von 55.581 in Wien registrierten Hunden 3335 Listen- und 2311 Schäferhunde. Das entspricht 6 bzw. 4,1 Prozent der Gesamtzahl. Seit 2015 seien von 412 Bissattacken in Wien 64 von Listen- und 13 von Schäferhunden verursacht worden. 16 Prozent der Bisse gingen also auf das Konto von Listenhunden (quer durch alle betreffenden Rassen) und 3,1 Prozent auf das von Schäferhunden.
Die Stadträtin hofft weiterhin darauf, den Koalitionspartner von der generellen Maulkorbpflicht für Listenhunde zu überzeugen. „Das sind die Hunde mit der stärksten Bisskraft“, argumentiert sie. Attacken durch Listenhunde würden am wahrscheinlichsten tödlich oder lebensgefährlich enden. Daher wünsche sich auch die Polizei diese Regelung.