Chronik/Wien

Wiener Grüne: Eine Neuaufstellung auf Raten

Seit Freitagvormittag ist es amtlich: 1850 Grün-Affine wollen mitbestimmen, wer die Öko-Partei in die nächste Wien-Wahl führt – trotz, oder auch wegen eines bisher schaumgebremsten internen Wahlkampfes. Während die Landesorganisation mit der neuen Spitzen-Kür (siehe unten) einen Teil ihrer selbst verordneten Neuaufstellung umsetzt, sind andere wesentliche Reformen erst im Entstehen – und die Zeit dafür wird langsam knapp.

Zur Erinnerung: Vergangenen November konnte die Landespartei eine Rebellion gegen Front-Frau Maria Vassilakou abwenden – mit dem Versprechen einer großen Reform. Sie sollte die Grünen innerhalb eines Jahres personell, strukturell und inhaltlich umkrempeln. Den ersten Eckpfeiler schlugen die Grünen im Juni mit dem neuen Spitzenwahl-Prozedere ein.

Gleich fünf Kandidaten stiegen in den Ring: Klubchef David Ellensohn (55), die Gemeinderäte Birgit Hebein (51) und Peter Kraus (31), der Meidlinger Bezirksrat Benjamin Kaan (32) und die Ärztin Marihan Abensperg-Traun (42). Auch die Anhängerschaft beteiligt sich rege: Mehr Externe als Mitglieder sind wahlberechtigt.

Die über die Spitzenwahl generierten Kontakte seien „wertvoll“ für die Grünen, erklärt Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. Die Partei könne hoffen, Multiplikatoren lukriert zu haben – die in ihrem Umfeld über die Grünen sprechen und ihnen so nutzen.

Schreckgespenst Neuwahlen

Der ruhige Verlauf der zwei absolvierten Hearings überrascht Filzmaier nicht. „Die offene Feldschlacht, begeistert Zuseher und andere Parteien, aber nicht die eigene.“ Laut Filzmaier ging es bisher vor allem um die Gewichtung einzelner Themen, der Grundkonsens sei klar: „ Wien als Gegenmodell zu Türkis-Blau.“ Nicht ausgesprochen, aber dennoch präsent, sei die Generationenfrage – insbesondere nach der Bayern-Wahl, bei der relativ junge Spitzenkandidaten reüssierten.

Die noch offenen Baustellen sieht Filzmaier – ausgehend vom regulären Wahltermin im Herbst 2020 – „wenig dramatisch“. Allerdings: „ Die Grünen dürfen jetzt nicht vom Wahlkampf überrumpelt werden.“ Denn dieser sei mit internen Debatten unverträglich. Sollte die Bundesregierung unpopulär werden, würde die Wiener SPÖ sofort wählen lassen, prognostiziert er. „Die Grünen müssen also vorbereitet sein.“

Einen ersten Schritt dazu setzen sie dieses Wochenende. Bei einer Zukunftskonferenz werden etwa eine neuen Gremien-Struktur und der Wahlmodus für die restliche Liste diskutiert. Änderungen sollen auf der Landesversammlung am 1. Dezember fixiert werden – so lautet zumindest das Ziel.

Umzug in Town-Town-Komplex

Auch die Örtlichkeit der Parteizentrale soll sich ändern: Wie der KURIER erfahren hat, sieht es derzeit danach aus, dass das langjährige Hauptquartier aus der Neubauer Lindengasse in den Town-Town-Bürokomplex in Erdberg übersiedeln  wird. Man habe sich auf einen Umzug in das Kubus-Gebäude an der Ecke Würtzlerstraße/Erdbergstraße geeinigt, ist aus grünen Parteikreisen zu hören.

Ein offizielle Bestätigung dafür gibt es nicht. „Die Suche ist weiter fortgeschritten, aber es ist noch nichts unterschrieben“, sagt ein Parteisprecher. Im August hatte die Wiener Zeitung berichtet, dass  die Grünen ein Anbot für Räumlichkeiten im rund 100 Meter hohen Ares-Tower auf der Donauplatte gelegt haben.  Gegen den Plan, die Zentrale in einem Hochhaus anzusiedeln, soll sich aber Widerstand geregt haben.   Bekanntlich haben Grüne mit dieser Gebäudeart nicht  die  besten Erfahrungen: Der Streit um den Wohn- und Hotelturm am Heumarkt spaltet die Partei bis heute.

Neuer Wahlmodus

Wahlberechtigt

Von 8. bis 26. November dürfen nicht nur Grün-Mitglieder den Spitzenkandidaten wählen, sondern auch Externe, die sich bis  vergangenen Donnerstag online registriert haben.  Wahlberechtigt sind rund 1400 Mitglieder und 1850 registrierte Wähler.

So geht es weiter

Bis zur Wahl sind noch  zwei Hearings angesetzt. Die bisherigen Konfrontationen verliefen weitgehend harmonisch. Die Stimmen werden per Brief abgegeben.