Chronik/Wien

„Völlig überzogen“: Rapid-Kessel ist jetzt Fall für das Gericht

1338 Rapid-Fans mussten am 16. Dezember des Vorjahres bis zu sechs Stunden lang in der Kälte ausharren. Vor dem Fan-Zug hatte sich die Polizei postiert. Ebenso dahinter. Die Fußballanhänger waren auf dem Weg zum Wiener Lokalderby gegen den Erzrivalen Austria in Favoriten eingekesselt worden.

„Völlig überzogen“, nennen die Brüder Michael und Klaus M. diese Maßnahme. Der eine ist gerade mit dem Jus-Studium fertig geworden, der andere studiert BWL. Die Brüder waren damals mittendrin. Und sie verstehen das Vorgehen der Polizei, konkret der Einsatzleitung, gar nicht. Deshalb haben sie eine Beschwerde gegen die Polizei eingelegt – so wie insgesamt 29 Rapid-Fans. Michael und Klaus M. sind die ersten, die Mittwochvormittag deshalb im Landesverwaltungsgericht Wien geladen sind.

Die Brüder besuchen seit etwa zehn Jahren „fast jedes Rapid-Spiel“. Und sie sind dabei Teil des Fanzugs. „Ich bin auch schon alleine mit den Öffis nach Favoriten angereist. Glauben Sie mir, das ist keine lustige Situation. Da reicht es schon, wenn nur der grün-weiße Schal aus der Jacke lugt“, beschreibt Klaus M.

Dass beim Fanmarsch Pyrotechnik gezündet wird, sei ganz normal. „Die Situation war nicht aggressiv.“

Schneebälle mit Steinen

Das wundert den Richter, der das Video gesehen hat. „Dass Gegenstände auf die Polizei geworfen wurden, haben Sie nicht mitbekommen? Und dass es Vorfälle mit Anrainern gegeben hat, die fotografieren wollten? Auf die wurden gezielt Schneebälle, die mit Steinen gefüllt waren, geschossen.“

Klaus M. hat die Situation anders erlebt. „Da ging es nicht darum, Fotos zu verhindern. Das war lustig im Sinne einer Schneeballschlacht.“

Auch auf die Tangente wurden Gegenstände geworfen. Österreichs meist befahrene Straße musste vorübergehen gesperrt werden. Davon, sagt Klaus M., habe er nichts mitbekommen. „Wir standen in der Mitte. Alles war sehr gedrängt. Wir haben nicht gesehen, was vor uns passiert ist.“

Auch nicht, dass die Polizei am Kopf des Fanzugs „Identifizierungsstraßen“ aufbaute, um die Daten der Teilnehmer aufzunehmen. „Aber vorne haben die eigenen Fans den Zugang zugemacht, damit die anderen nicht hingehen konnten“, schildert ein juristischer Vertreter der Polizei. Also musste die Identifizierung auf die andere Seite verlegt werden.

Stunden vergingen. „Wir hatten keine sanitären Anlagen, haben nichts zu trinken bekommen“, schildert Klaus M. „Am Schluss war ich dann wirklich fertig. Ich hab’ sogar geholfen, als eine Frau zusammengebrochen ist.“

Dutzende ähnliche Geschichten wird sich der Richter in den kommenden Wochen anhören. Die Termine sind bis 12. Juli angesetzt.

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