Strache und die Wien-Wahl: Darf er? Oder darf er nicht?
Eigentlich waren die meisten Journalisten am Dienstag ja gekommen, um den Protagonisten im Wohnsitz-Streit zu sehen. Sie sollten enttäuscht werden: Heinz-Christian Strache fehlte bei der eilig einberufenen Pressekonferenz seines Teams.
An seiner Stelle freuten sich die „Team Strache“-Funktionäre Karl Baron und Christian Höbart sichtlich über die Entscheidung, die die Bezirkswahlbehörde des 3. Bezirks am späten Montagabend getroffen hatte.
Die Behörde hat nämlich entschieden, dass Strache in Wien wählen darf – und könnte ihm so zugleich den Weg zur Kandidatur geebnet haben. Davon ist man jedenfalls im Team Strache überzeugt. „Es wird Zeit, die Schmutzkübel in den Schränken stehen zu lassen“, sagte Höbart.
Aber wie geht es nun wirklich weiter? Der KURIER hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen:
1. Worüber hat die Bezirkswahlbehörde am Montag genau entschieden?
Dass Strache nicht aus dem Wählerregister für die Wien-Wahl gestrichen wird. Das heißt, Strache selbst darf am 11. Oktober wählen. Die Bezirkswahlbehörde ist parteipolitisch besetzt, dem Vernehmen nach stimmten nur die FPÖ-Vertreter gegen ein Wahlrecht Straches.
Die Entscheidung wurde notwendig, weil zuvor zwei Anträge auf Berichtigung des Wählerverzeichnisses eingegangen waren: eine von Peter Westenthaler (Ex-FPÖ, Ex-BZÖ), die andere von der Kleinpartei „Der Wandel“.Beide bezweifeln, dass Straches Hauptwohnsitz in Wien liegt – und damit, dass er in Wien aktiv und passiv wahlberechtigt ist.
Gesichert haben könnte ihm die Kandidatur, dass er aktuell in „räumlicher Trennung“ von Frau und Kind lebt.
„Das war mit ein Grund für die Entscheidung der Behörde“, wird dem KURIER aus gut informierten Rathauskreisen bestätigt.
2. Kann Strache jetzt zur Wien-Wahl antreten?
Das ist die Frage, die derzeit am meisten interessiert. Und gleich vorweg: Sie ist noch nicht ganz – vor allem nicht formal – entschieden.
Denn die Bezirkswahlbehörde hat nur festgestellt, dass Strache wählen darf. Über das passive Wahlrecht – also darüber, ob er gewählt werden kann – entscheidet am 27. August die Stadtwahlbehörde.
Den Vorsitz führt der zuständige SPÖ-Stadtrat Jürgen Czernohorszky, er hat neun Beisitzer (4 SPÖ, 3 FPÖ, 1 Grüne 1 ÖVP). Die Behörde prüft alle Wahlvorschläge der Parteien, die antreten wollen – etwa auch, ob die Parteien genügend Unterstützungserklärungen gesammelt haben.
Weil das passive Wahlrecht auf dem aktiven beruht und die Bezirkswahlbehörde schon grünes Licht gegeben hat, ist es unwahrscheinlich, dass die Stadtwahlbehörde anders entscheidet.
3. Wie kann Strache noch an der Kandidatur gehindert werden?
„Der Wandel“ kündigte noch am Dienstag an, Beschwerde gegen die Entscheidung der Bezirkswahlbehörde einzulegen. Ist das der Fall, wandert der Akt zum Verwaltungsgericht Wien.
Das Gericht hat nach Einlangen der Beschwerde vier Tage Zeit, um zu entscheiden, ob ihr stattgegeben wird. Sobald das Gericht seine Entscheidung übermittelt hat, ist sie rechtskräftig.
Antragssteller (in dem Fall „Wandel“) und Betroffener (Strache) können dann noch ein außerordentliches Rechtsmittel einlegen – also den Gang zum Verfassungsgerichtshof beschreiten.
4. Geht sich das überhaupt aus bis zur Wahl?
Ja, zumindest bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Aber: Unabhängig davon, ob der Verfassungsgerichtshof angerufen wird, fährt die Stadt Wien am 29. August die Wahl-Maschinerie hoch.
Sie muss die gesetzlich vorgegeben Fristen einhalten, etwa für das Ausstellen der Wahlinformation.
Die Bezirkswahlbehörde
Die Bezirkswahlbehörde hat einen Vorsitzenden und neun Beisitzer, die von den Parteien verhältnismäßig nach dem Ergebnis der jüngsten Gemeinderatswahl nominiert werden. Stimmberechtigt sind nur die Beisitzer. Der Vorsitzende entscheidet nur bei Stimmengleichstand.
Im Falle von Strache war die Bezirkswahlbehörde des 3. Bezirks wie folgt zusammengesetzt: 4 SPÖ, 3 FPÖ, 1 ÖVP, 1 Grüne. Neos und THC (Team HC Strache) hatten je 1 Vertrauensperson im Gremium, allerdings ohne Stimmrecht.
Die Stadtwahlbehörde
Ist vom Prinzip her ähnlich aufgebaut wie die Bezirkswahlbehörde. Ihr Vorsitzender ist der für die Wahlen zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Auch er hat neun Beisitzer (4 SPÖ, 3 FPÖ, 1 Grüne, 1 ÖVP). Neos und THC haben wieder je eine Vertrauensperson für das Gremium nominiert, sie sind nicht stimmberechtigt.
5. Läuft derzeit nicht noch ein weiteres Verfahren?
Ja, und zwar bei der MA 62. „Der Wandel“ hat im Juli gegen Strache eine Sachverhaltsdarstellung wegen Verstoßes gegen das Meldegesetz eingebracht.
Dieses Verfahren ist an keine Fristen gebunden und nicht abgeschlossen. Es hat nach der Entscheidung der Bezirkswahlbehörde aber keinen Einfluss mehr auf Straches Kandidatur.