Chronik/Wien

Semmelweis-Klinik: Misstöne um Musikschule

Einmal mehr sorgt ein Immobilien-Deal auf dem Areal der Semmelweis-Frauenklinik in Währing für Aufregung. Wie die Wiener Zeitung berichtet, könnten die drei historischen Pavillons, in denen die private Musikschule Amadeus International School Vienna residiert, zwangsversteigert werden – und zwar mit sattem Gewinn für den Betreiber.

Rückblende: 2012 kaufte die Amadeus Campus Eigentümergesellschaft um 14,2 Millionen Euro die drei Gebäude – weit unter dem tatsächlichen Wert, wie sich später herausstellte. 2014 schloss sie mit der F.R.F.-HPM-Beteiligungen GmbH (Stiftung der Familie Koch, ehemals Leiner/Kika-Eigentümer) zur Rückzahlung einer Unternehmensanleihe und zur Finanzierung von Bau- und Baunebenkosten ein Darlehen über 20 Millionen Euro ab, wie aus einem Vertrag zwischen den beiden hervorgeht. Besichert wurde das Geschäft mit den Liegenschaften in Währing, die Amadeus Campus räumte der Gesellschaft ein Pfandrecht rein. Ein solches erhielt ein Jahr später laut Wiener Zeitung auch der Bauriese Strabag.

Verfahren eingeleitet

Diese Vereinbarungen könnten nun schlagend werden. Denn Amadeus Campus soll Zinsen und Rechnungen nicht bezahlt haben, die offenen Forderungen sollen sich auf 33 Millionen Euro belaufen. Wie das Bezirksgericht Döbling bestätigt, wurde bereits ein Verfahren zur Versteigerung eingeleitet, einen Termin gibt es noch nicht. Wann und ob es überhaupt dazu komme, hänge sehr stark von den Parteien ab, sagt eine Sprecherin. „Auch eine nachträgliche Einigung ist noch möglich“, betont sie.

Mit der Versteigerung würde das Vorverkaufsrecht der Stadt fallen, möglicherweise auch die vereinbarte ausschließliche Nutzung zu Bildungszwecken. Und da Interessenten wohl einen marktüblichen Preis für die Pavillons berappen müssten, würde Amadeus Campus auch nach Abzug der eingeklagten Zahlungen von einer Versteigerung profitieren.

„Unterm Strich geht es darum, dass der Schulbetreiber die Pavillons mit dem Ziel gekauft haben dürfte, den Betrieb in die Pleite zu ziehen. Das riecht nach einer Immobilienspekulation – es wird Zeit, dass sich die Staatsanwaltschaft darum kümmert“, sagt der Wiener FP-Mandatar Udo Guggenbichler. Seine Fraktion brachte in der Gemeinderatssitzung am Montag mehrere Anträgen zur Causa ein.

Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger forderte: „Der Vertrag zwischen der Stadt und den Betreibern des Musikschul-Campus muss rückabgewickelt werden.“ Von der Musikschule und der Stadtregierung war keine Stellungnahme zu erhalten.

Kein Verkauf

Indes wird an der Nachnutzung jener drei Pavillons getüftelt, in denen derzeit noch die Frauenklinik untergebracht ist. Derzeit fänden Gespräche zwischen Stadt, und Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) und Bezirk statt, sagt die Währinger Bezirksvorsteherin Silvia Nossek (Grüne). „Eine mögliche Zwangsversteigerung der Schul-Pavillons bestärkt mich darin, dass die restlichen Pavillons nicht verkauft werden sollen, sondern, dass Baurechte vergeben werden sollen.“ Zentral sei zudem öffentliche Wege durch das Areal. Eine entsprechende Ausschreibung könnte noch im Laufe des Sommers erfolgen.

Von der Klinik zum Stadtteil: Skandale einer Nachnutzung

Die Semmelweis-Klinik kann eine längere Geschichte fragwürdiger Immobilien-Deals vorweisen.

Februar 2005:Die damalige Sozial- und Gesundheitsstadträtin Renate Brauner ( SPÖ) verkündet auf der Klubtagung der Wiener SPÖ in Rust, worüber schon länger gemunkelt worden war:  Die Semmelweis-Frauenklinik  soll im neuen Krankenhaus Nord aufgehen.

April 2012: Der damalige Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) fixiert bei einem Arbeitsbesuch in Singapur, dass  auf dem Spitals-Areal eine internationale Musikschule eröffnen soll.

September 2012: Die  Amadeus International School of Music Vienna startet mit 60 Schülern ins erste Schuljahr.

Februar 2016: Rund um den Verkauf der  drei Pavillons um 14,2 Millionen Euro von der Stadt an den privaten Investor werden Bestechungs-  und Geldwäsche-Vorwürfe laut. Der KURIER deckt auf, dass  die Immobilienfirma „at home Immobilien GmbH“  – ein Ableger der gewerkschaftsnahen Wohnbaugenossenschaft „Neue Heimat“  – im Nordwestteil ein weiteres Grundstück noch günstiger erhielt und dort Luxuswohnungen baute.

2019: Die Semmelweis-Klinik soll ins  KH Nord übersiedeln. Das hätte schon 2016 passieren sollen, scheiterte aber an den Bauverzögerungen.