Naschmarkt: Ein Parkplatz lässt die Wogen hochgehen
Von Julia Schrenk
Dass ein Parkplatz einmal für so viel Zores sorgen würde, das hätte wohl kaum jemand erwartet. Allerdings: Es geht nicht um irgendeinen Parkplatz, sondern um jenen beim Naschmarkt.
Konkret um jene 10.000 Quadratmeter große Fläche, die sich stadtauswärts direkt hinter dem Markt befindet – und wo in Nicht-Lockdown-Zeiten jeden Samstag der große Naschmarkt-Flohmarkt stattfindet.
Wie berichtet, will Planungsstadträtin Ulli Sima gemeinsam mit dem Bezirksvorsteher von Mariahilf, Markus Rumelhart (beide SPÖ), dort eine seitlich offene Markthalle errichten. Mit Ständen für Gastronomie und Lebensmittel – und nach dem Vorbild des Londoner Borough Markets.
Im Bereich auf Höhe der Wienzeile 48 bis 76 sollen fixe und mobile Marktstände aufgebaut werden, auch eine größere konsumfreie Zone ist angedacht. Und: Die Fläche, die im Sommer als einer der größten Hitzepole der Stadt gilt, soll begrünt werden.
Dach-Frage
In dieser Begrünung dürfte der Ursprung der grün-roten Querelen liegen, die nun einen (vorläufigen) Höhepunkt erreicht haben.
Vergangenen Freitag brachten die Mariahilfer Grünen einen Antrag im Bezirksparlament ein, wonach zur Umgestaltung des Naschmarkt-Parkplatzes „ein geeigneter Beteiligungsprozess mit allen relevanten Dialoggruppen“ durchzuführen sei.
Und zwar „ergebnisoffen“, wie es in dem Antrag wörtlich heißt. „Es soll keinerlei Vorgaben der Stadt Wien oder des Bezirks Mariahilf über die geplante spätere Gestaltung geben.“ Spannend ist das gleich in doppelter Hinsicht: Erstens, weil der Antrag von allen im Bezirksparlament vertretenen Parteien angenommen wurde – also auch von der SPÖ. (Die Grünen werten das als „eindeutiges Zeichen gegen die Pläne von Ulli Sima“.)
Und zweitens, weil bei dem Projekt ohnehin ein groß angelegter Beteiligungsprozess geplant ist. Laut Auskunft aus Simas Büro soll dieser in der zweiten April-Woche starten. Befragt werden dem Vernehmen nach alle Wienerinnen und Wiener, nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner des 4., 5. und 6. Bezirks.
Dass eine offene Markthalle kommen wird, gilt für die SPÖ allerdings als gesetzt. Nur wie diese konkret aussehen wird, ist derzeit noch offen. Das soll ein Architekturwettbewerb entscheiden.
Der Mariahilfer Bezirksvorsteher hält die Aktion der Grünen als „parteipolitisch motivierte Panikmache“, wie er wörtlich sagt. Warum die Roten den Antrag dennoch mitgetragen haben? „Wir können uns nicht gegen etwas stellen, das ohnehin so geplant ist. Das war eine Jo-eh-Abstimmung, wenn man so will“, sagt Rumelhart.
Begonnen hat der Streit um den Parkplatz schon im August des Vorjahres. Die Grünen aus dem 6. Bezirk preschten damals mit ihrer Idee von einem Park vor: viele Bäume, viel Wasser, nette Aufenthaltsmöglichkeiten.
Und zwar wohlwissend, dass der Bezirksvorsteher gemeinsam mit der zuständigen Stadträtin bereits ein anderes Konzept in der Schublade hatte – eben jenes von der seitlich offenen Markthalle. Präsentiert wurden diese Pläne erst Anfang Oktober – kurz vor der Wien-Wahl.
Stadtbild-Frage
Die Halle allein ist es allerdings nicht, die nun Kritiker laut werden lässt. Es geht auch um die 4.800 Quadratmeter große Dachkonstruktion aus Glas und Stahl (siehe Bild links). Darauf soll Wiens größte Fotovoltaikanlage entstehen. Und die würde – so die (grünen) Kritiker – das Stadtbild entscheidend beeinträchtigen.
Von nirgendwo sonst hätte man eine derart freie und unverbaute Sicht in Richtung Innenstadt wie vom Naschmarkt-Parkplatz aus.
Im Büro von Stadträtin Sima hat man wenig Verständnis für die Aktion der Grünen – und die Stadtbild-Frage. „Wir wissen, wie sensibel die Fläche dort ist – und natürlich ist die MA 19 in den gesamten Prozess eingebunden.“
Die MA 19, das ist jene Abteilung der Stadt, die für den Schutz des Stadtbildes zuständig ist. Stichwort: Verhinderung der „Verhüttelung“, die sich Sima auf die Fahnen geheftet hat.