Chronik/Wien

Fridays For Future: "Weil der Klimawandel auch keine Pause macht"

"What do we want?" 

Es ist genau 19 Uhr, als die Worte ins Megafon gebrüllt werden und die kleine Menschengruppe, die einen Kreis gebildet hat, wie aus einem Hals "Climate Justice" antwortet.

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Wer eineinhalb Stunden früher noch auf einem der hölzernen Sitzblöcke am Yppenpark und seinen im Sommerwind wankenden Bäumen gesessen ist, hätte kaum ahnen können, wie viele Menschen im Laufe der Zeit noch ankommen werden. Laut Schätzungen der Veranstalter sind es etwa 200 Klima-Aktivisten.

Mit jeder Minute haben mehr und mehr Demonstranten ihren Weg zum abgemachten Treffpunkt gefunden. Ein ähnliches Phänomen prophezeien Forscher auch hinsichtlich der Temperaturen: Langsam aber doch kommen immer mehr Grade hinzu, bis das Fass schließlich übergelaufen sein wird.

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Und genau das wollen die Klimaaktivisten verhindern. Der angekündigte Regen hat kaum jemanden abgeschreckt, der Wiener Yppenplatz ist an diesem Freitag schlussendlich gut gefüllt. Bunte, selbstgebastelte Schilder ragen über den Köpfen der Menschen aller Altersgruppen heraus.

Anders als von Kritikern der Fridays For Future Bewegung, die die Klimastreiks lediglich als Vorwand fürs Schuleschwänzen sehen, erwartet, gehen auch an diesem Tag wieder die Kinder und Jugendlichen für eine bessere Klimapolitik auf die Straße – Klimastreik trotz Ferien.

"Der Klimawandel macht keine Pause, wir auch nicht", werden die Jugendlichen bei dieser zweiten Sommerdemo nicht müde zu betonen.

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Auch die Forderung nach dem Klimanotstand wird an diesem 12. Juli immer wieder laut. Viele, wie der 18-jährige Vincent und die 17-jährige Marleen, die seit März auf jeder Klimademo in Wien gewesen ist, fordern die Ausrufung. Zwar wäre diese keine rechtlich wirksame Vereinbarung, sondern eher eine Art Selbstverpflichtung, die Frage nach der Auswirkung auf das Klima bei jeder Entscheidung miteinzubeziehen, sie wäre aber ein "wichtiges Signal".

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Das sagt auch Valentina (27). Sie ist unter anderem hier, weil die türkis-blaue Ex-Regierung, wie sie sagt, "nichts gemacht hat" gegen die Klimakrise, die für sie das wichtigste Thema überhaupt ist. Seit dreieinhalb Jahren ernährt sich Valentina vegan, vermeidet Plastik, versucht so wenig neu zu kaufen wie möglich, besitzt kein Auto mehr und ist seit drei Jahren nicht mehr in den Flieger gestiegen.

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Dass zu wenig getan wird, findet auch Helena (16), die die "Notlage entdeckt" und seitdem schon zehnmal bei den Schulstreiks mitgemacht hat, auf Fleisch und Flüge verzichtet und auch ihre Mitmenschen über den Klimawandel aufklärt. Sie ist, wie die meisten hier, nicht überzeugt davon, dass jene Parteien, die das Thema erst kurz vor der Wahl entdeckt haben, auch wirklich hinter dem stehen, was sie da so "rausposaunen".

Glaubt man der Umweltorganisation Greenpeace, sollen vor allem FPÖ und ÖVP bei Abstimmungen auf EU- und Nationalratsebene häufig klimaschädlich abgestimmt haben.

An der Organisation Parents for Future und an Monika (57), die die Jungen unterstützt, wann immer sie Zeit hat, erkennt man, dass Klimaschutz nicht nur die jungen Menschen interessiert. Monika ist unzufrieden, mit dem, was die "Ibiza-Regierung" so produziert hat, vor allem Tempo 140 stößt ihr sauer auf.

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Als es Abend wird, verabschieden sich die Aktivisten schließlich mit einem "Kuscheln fürs Klima". In der letzten Stunde sind sie von Passanten bejubelt, aber auch angepöbelt und mit Wasserbomben beworfen worden. Sie haben mit umgedichteten Liedern und dem Verteilen von Wassermelonen für gute Stimmung gesorgt und klargemacht, dass die meisten unter jenen, die heute hier sind, wissen, wofür sie demonstrieren. Sie belassen es nicht nur bei einem Schulstreik, sondern verzichten auf Urlaub, fahren mit den Öffis und machen auch sonst alles, was sie zum Klimaschutz beitragen können.

Denn sie wissen: Auch, wenn sie um kurz nach 20 Uhr nach Hause gehen; die Temperaturen bleiben.