Chronik/Wien

Bezirkschefin Nossek: "Man muss diesen Konflikt eingehen"

Knapp aber doch färbten die Grünen Währing bei der Wien-Wahl 2015 um. Inzwischen hat Bezirkschefin Silvia Nossek etwas mehr als die Hälfte ihrer Amtszeit hinter sich – und zieht im KURIER-Interview Bilanz.

KURIER: Bei Ihrer Amtsübernahme haben Bürger wegen des Parkpickerls gegen Sie demonstriert. Haben sich die Währinger inzwischen mit Ihnen angefreundet?

Silvia Nossek: Ich glaube, dass sich sehr viele mit mir und mit dem Parkpickerl angefreundet haben. Wenn man etwas verändert, gibt es auch kritische Stimmen. Das Einfachste in der Politik ist, alles so zu lassen, wie es ist. Ich bin aber mit einem Veränderungsanspruch angetreten.

Ihr zweites großes Projekt, die fußgängerfreundliche Währingerstraße, war ebenfalls von Misstönen begleitet. Warum ecken Sie so an?

In der autogerechten Stadt der 60er- und 70er-Jahre haben sich viele ihren Alltag rund um das Auto organisiert. Weil es kein Problem war, weil die Firma einen Parkplatz angeboten hat und so weiter. Und jetzt kommt jemand, der sagt: „Wir müssen weniger autofahren und der öffentliche Raum ist zu kostbar, um ihn mit Autos voll zu stellen.“ Das ist eine Irritation und das macht diesen Widerstand. Als verantwortungsvolle Politikerin muss man diesen Konflikt eingehen.

Ihr drittes großes Projekt ist eine verkehrsberuhigte Gersthofer Straße. Wann kommt die?

Vom 17. Bezirk den Lidlberg herunter sind die Spuren über Normbreite – das wirkt beschleunigend. Nächstes Jahr werden sie verschmälert. So können wir die Radverbindung bis zur Währinger Straße weiterführen. Ich hätte auch gerne ab dem Gersthofer Platzl eine eigene Spur für den 41er und den 10A gehabt, das geht aber wegen der Situierung der Bäume nicht. Aus der Arbeit einer Agendagruppe, in der sich Bewohner für ein lebenswertes Gersthof engagieren, wissen wir, dass vor allem im Bereich S45-Station und Markt  mehr Platzcharakter gewünscht wird. Wenn es uns gelingt, die offenen Planungsfragen zu klären und die finanziellen Mittel aufzustellen, können wir da vielleicht nächstes Jahr etwas bauen.

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Auf welches Projekt sind Sie besonders stolz, auf welches weniger?

Dass der autofreie Schulvorplatz Schulgasse über den Sommer umgesetzt wurde, macht Freude. Ich hatte als grüne Klubobfrau in den 90ern das erste Mal Kontakt mit dem Elternverein, der gesagt hat, dass es vor der Schule unsicher ist und es zu wenig Platz gibt. Die Umorganisation der Weimarer Straße mit den Baumpflanzungen, den breiteren Gehsteigen und dem Radfahren gegen die Einbahn ist auch gut gelungen, das Projekt ist aber im Nachhinein gesehen kommunikativ nicht gut gelaufen. Ich kann nachvollziehen, dass sich die Leute überfahren vorgekommen sind.

Sie sind zum ersten Mal Berufspolitikerin – was hat sich dadurch für Sie verändert?

Die Leute kennen mich und sprechen mich auf der Straße an. Sie freuen sich, wenn ich etwa zu einer Lokaleröffnung oder einem Schulfest komme, gleichzeitig schreiben sie mir Mails, wenn sie sich ärgern. In der Öffentlichkeit zu stehen und dieser unglaubliche Bedarf, zu erklären, was man tut – das hat sich geändert. Und es war eine Lernaufgabe, die Hoheit über meinen Kalender abzugeben.