Chronik/Wien

Alte Gösserhalle wird zum dreistöckigen Büro mit "Schweizerhaus"

Gegenüber des Columbusplatzes in Favoriten – das ist der Platz mit dem Glas-Ei auf dem Columbuscenter – entsteht ein neues Grätzel. Das „neue Landgut“ .

Zwei alte Backsteinhäuser

Auf der neun Hektar großen Fläche der ÖBB war früher der Stützpunkt für Triebfahrzeuge des Südbahnhofs. Derzeit ist das Areal eine Baustelle. Alles wurde platt gemacht. Dort stehen nur noch zwei alte Backsteinhäuser: die sogenannte alte Gösserhalle und die im rechten Winkel dazu stehende Inventarhalle.

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Zivilingenieur Klaus Stanek konnte die Gösserhalle für einen siebenstelligen Betrag erwerben. Der Kauf-Prozess dauerte sechs Jahre, sagt er. Die Halle habe für ihn einen sentimentalen Wert. Als TU-Student kaufte er in dem Depot des Bierherstellers Gösser Holzfässer für Partys: „Es war ein Erlebnis dort einzukaufen, man fühlte sich, wie in eine andere Zeit versetzt“, sagt er.

Nur Barzahlung war erlaubt. Und noch heute erkenne man den Bereich, wo man das Fass samt Schlegel abholen konnte. „Eigentlich war der Verkauf für Gastronomen, aber Insider wussten Bescheid“, sagt er.

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Feste, Sushi, Jobs

Noch vor seiner Studentenzeit wurden Fässer hier wirklich auf Pferdefuhrwerken an Wirtshäuser geliefert.

Erst später wurde die Halle von der Eventszene entdeckt: Sie diente den „Wiener Festwochen“ als Location. Hier fand mal ein Sushi-Festival, ein E-Sport-Event oder das Wiener Stadtfest statt. 2019 wurde die Halle sogar als Jobbörse für Asylberechtigte verwandelt. Der Zivilingenieur Stanek, der mit seinen 90 Mitarbeitern auch Hochhausprojekte betreut, will hier bis 2023 Büros – am besten sein eigenes – und ein Gastronomiebetrieb eröffnen . Etwa einen Biergarten, nach Art des Schweizerhauses. „Ja, so etwas kann ich mir vorstellen“, sagt er.

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Das Areal wird sich verändern: Bis 2027 soll es 4.000 Menschen Platz bieten: Bildungscampus, Wohnungen, Gemeindebau, Park. Die Umgestaltung der Halle übernahmen die Architekten „Alles wird gut“. Der Name ist Programm: „Als Architekt will man Neues schaffen, Altes nicht zerstören“, erklärt Architekt Herwig Spiegl.

 

 

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Prinzipiell hätte er Altes abreißen können. Denn sowohl die Inventarhalle, als auch die Gösserhalle wurden im Jahr 2007 von dem Denkmalamt nicht unter Schutz gestellt: „Es gab zu viele bauliche Eingriffe“, so die Erklärung. Andere historische Gebäude wurden abgerissen: darunter ein gründerzeitliches Verwaltungsgebäude der Bahn. Was aus der Inventarhalle, der ehemaligen Lagerhalle werden soll, scheint unklar.

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Man sei in Konzeptionsphase, betont die ÖBB. Die Inventarhalle diente in den 1930er Jahren als „Auswandererhalle: Anlaufstelle für Wiener auf ihrer Reise über Triest etwa in die USA. In den Jahren 1942 bis 1945 waren an der Laxenburger Straße 2 und 4 Zwangsarbeiterlager eingerichtet.

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Symbiose – Alt und Neu

„Weg bei der Gösserhalle, kommt das Dach die Mauer bleibt“, erklärt Spiegl. „Für ein Büro ist die Breite des Gebäudes (19 Meter) zu groß, daher lassen wir die Außenmauer mit den Bögen stehen, bauen innen ein 16 Meter breites Haus“, sagt er. Die drei Meter zwischen Außenmauer und Fenster werden als Garten-Zwischenraum genutzt. „Eine Symbiose von Alt und Neu“, so Spiegl.

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Es scheint so, als habe er, zumindest für sich, das Ei des Kolumbus (Anm. Redensart) entdeckt.