Shanghai: Viele Fragen vor Ende des Lockdowns
Seit März liegt verordneter Stillstand über Shanghai, nach aufflammenden Corona-Infektionen wurde in der Millionen-Metropole die Reißleine gezogen und ein Lockdown verhängt.
Am Sonntag öffnete nach wochenlanger Schließung nun wieder ein Einkaufszentrum in der Innenstadt, in dem unter anderem Luxusmarken angeboten werden. Von Mittwoch an soll der zwei Monate dauernde Lockdown en gros aufgehoben werden.
Die aktuelle epidemische Lage habe sich stabilisiert und verbessere sich weiter, sagte eine Sprecherin der Regierung von Shanghai, Yin Xi, am Sonntag vor der Presse. Für Sonntag wurden in Shanghai weniger als 100 Corona-Fälle gemeldet.
Viele Fragen
Zwei Tage vor den geplanten Lockerungen herrscht in der chinesischen Wirtschaftsmetropole aber noch weitgehend Unklarheit über den Weg aus dem Lockdown. Den Unternehmen wurde zwar bereits erlaubt, ihren Betrieb wieder aufzunehmen. Die meisten der 25 Millionen Einwohner waren am Montag aber noch nicht darüber informiert, wann sie ihre Wohngebiete wieder verlassen dürfen.
Ohne vorherige Genehmigung durften auch zunächst keine Privatfahrzeuge auf den Straßen fahren, und ein Großteil des öffentlichen Nahverkehrs ruhte weiterhin. Wer öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder den öffentlichen Raum betreten möchte, muss ab Mittwoch einen negativen PCR-Test vorweisen, der nicht älter als 72 Stunden ist. Zuvor waren es 48 Stunden. Dadurch solle die Wiederaufnahme der Arbeit erleichtert werden, sagte Sprecherin Yin.
Mit Wochenmitte sollen auch 240 Finanzinstitute wiedereröffnen. Ein Mitarbeiter einer ausländischen Bank sagte, in seinem Unternehmen gebe es bisher kaum Hinweise zum weiteren Vorgehen. Die Personalabteilung habe mitgeteilt, dass das Management nicht wisse, ob die Belegschaft am Mittwoch zur Arbeit zurückkehren könne. "Nichts ist klar, und die Bank hat auch keine Ahnung", sagte der Banker, der anonym bleiben wollte.
Die staatliche Zeitung Securities Times berichtete unterdessen, die städtischen U-Bahn-Betreiber hätten ihre Mitarbeiter aufgefordert, sich für Mittwoch auf eine vollständige Wiederaufnahme der Arbeit vorzubereiten. Derzeit sind vier der 20 U-Bahn-Linien in Betrieb.
Ifo: Lockdowns verschlimmern deutsche Lieferprobleme
Die Lockdowns in China verschärfen den Materialmangel der deutschen Industrie. Bei der jüngsten Unternehmensumfrage des Ifo-Instituts im Mai klagten 77,2 Prozent der Firmen über Materialengpässe und Lieferprobleme, nach 75 Prozent im April. "Die Schließung von Häfen in China hat für viele Unternehmen die Situation weiter verschlechtert", sagte am Montag Ifo-Umfragenleiter Klaus Wohlrabe in München.
Die Lieferketten stünden unter Dauerstress. Die massive Störung der Logistikketten werde die wirtschaftliche Erholung demnach merklich verzögern, so das Ifo.
Rund die Hälfte der Unternehmen sagte in der Umfrage, dass die Lockdowns in China die Lieferprobleme verschärft hätten. Nahezu alle Schlüsselindustrien seien stark betroffen, am meisten der Maschinenbau, in dem 91,5 Prozent der Unternehmen über Lieferprobleme klagten. Dahinter folgt die Elektroindustrie.
In der Autoindustrie ist der Anteil mit 89,5 Prozent nahezu unverändert geblieben. In der Chemischen Industrie ist der Anteil der betroffenen Unternehmen mit 58,7 Prozent hingegen deutlich geringer. Bei den Herstellern von Nahrungsmitteln hat sich die Lage den Angaben des Ifo-Instituts zufolge leicht entspannt: Gegenwärtig sprechen hier noch 63,7 Prozent von Problemen, nach 76,9 Prozent im April.