Chronik/Welt

Israel rechnet demnächst mit Herdenimmunität

Der Balken geht nach oben, die Zahl der Corona-Ansteckungen steigt in Israel derzeit dramatisch an – das ist die eine Nachricht. Zum anderen kommt es so zu einer Kombination der hohen Impfrate Israels mit der wachsenden Zahl Genesener. „Eine gewisse Herdenimmunität dürfte daher bis nächste Woche erreicht sein“, sagt Tal Brosch vom Verband der Ärzte für Öffentliche Gesundheit.

Nicht so hoffnungsvoll sind Israels Experten, was ein Ende der Pandemie angeht. Ran Balitzer vom Experten-Rat: „Eine so heftige Welle wie mit der Omikron-Variante sollte sich nicht wiederholen. Doch müssen wir uns jetzt der Krankheit mit neuen Ansätzen stellen, um unsere Systeme für neue Mutationen ausreichend bereitzuhalten.“

Fast sieben der neun Millionen Israelis sind voll oder teilgeimpft. Für Risiko-Gruppen wie Immunschwache und alle über Sechzigjährigen steht seit Ende Dezember die vierte Impfung bereit. „Im Gegensatz zu anderen Ländern verabreichten wir unsere erste Auffrischung viel früher. Wodurch bei uns eine Auffrischung auch früher notwendig wurde“, sagt Tal Brosch.

Dieser „Booster“ ist wegen des Abflauens der Delta-Variante weniger wichtig geworden. Doch erste israelische Erfahrungswerte zeigen, dass die vierte Impfung den Schutz vor schweren Auswirkungen des Virus deutlich steigert.

Über 200.000 Israelis befinden sich derzeit in Quarantäne. Die Zahl der bislang positiv Getesteten liegt bei 500.000. Die Hospitäler erhielten Anweisung, „elektive Aufgaben“ so weit wie möglich zu verschieben.

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Warn-SMS und Kontrolle

Auf strenge Gegenmaßnahmen will Israel trotz steigender Zahlen aber verzichten. An namentlich zu erfassende Personen, die sich in Gefahrenzonen aufhielten, sollen SMS mit Warnungen und Aufruf verschickt werden, Kontakte zu ihrem Umfeld so weit wie möglich einzuschränken. Zudem soll nicht der Impfpass, sondern die Einhaltung von Distanz-Wahrung und Maskenschutz in geschlossenen Räumen schärfer kontrolliert werden.

Der „Grüne Pass“ für Vollgeimpfte und Genesene verliert angesichts der heftigen Ansteckungsgefahr durch die Omikron-Variante seine bisherige Bedeutung. Neue sollen zwar weiter ausgestellt werden, doch sie sind vor allem für Auslandsreisen oder bei Versammlungen in Gefahrenzonen relevant. Brosch: „Die Omikron-Variante mag zwar nicht so zerstörerisch sein wie die vorherigen, aber ihre Breitenwirkung macht es so gut wie unmöglich, zwischen Gefährdenden und Harmlosen zu unterscheiden.“

Norbert Jessen, Tel Aviv

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