Ein Denkmal für den Sultan: Erdoğans Prestige-Moschee
Von Fee Niederhagen
Oben auf dem Çamlica-Hügel, mit bestem Blick über die Verbindung von Asien und Europa, steht sie – die nun größte Moschee der gesamten Türkei.
Sechs elfenbeinfarbene Minarette umstehen die vielen Kuppeldächer, die die mit königsblauen Intarsien geschmückte Haupthalle schützen. Platz für 63.000 Gläubige soll das gigantische erste Sakralgebäude im asiatischen Teil Istanbuls bieten. Es handelt sich um einen Komplex mit Konferenzsaal, Bibliothek und Museum, der nach Angaben der Regierung der wachsenden Bevölkerung der Stadt gerecht werden soll.
Nach rund sechs Jahren Bauzeit haben sich dort am Donnerstag zum ersten Mal Gläubige zum Morgengebet eingefunden. Die offizielle Eröffnung durch Präsident Recep Tayyip Erdogan ist allerdings für einen späteren Zeitpunkt geplant.
Moderne Schlachten
Besonders die sechs weißen Minarette prägen jetzt die Skyline der Metropole. Vier von ihnen sind exakt 107,1 Meter hoch und erinnern an das Jahr der Schlacht bei Manzikert, bei der die Seldschuken über den byzantinischen Kaiser siegten.
Ein prestigeträchtiges Großprojekt mit historischem Verweis. Mussten vergangene Herrscher ihre Vormachtstellung mit Mannstärke und Waffengewalt beweisen, setzt Erdoğan heute schon mit Moschee, Flughafen, Brücke, Kanal und Palast ein vergleichbares Zeichen. Ohnehin dient ein Sultan, Süleyman nämlich, als Vorbild für das Gotteshaus und seinen Bauherren. Dessen architektonischer Fingerabdruck prägt auch sechshundert Jahre später noch das Stadtbild. Auch die Architektur der Çamlica ist an seinen Stil angelehnt. Das Denkmal eines Staatsoberhauptes.
Die Moschee ist ein weiterer Baustein in einem architektonisch geprägten Plan zur Verbesserung der Infrastruktur, der in den letzten Jahren gleich mehrere, teils sehr umstrittene Großbauprojekte von Istanbul bis Ankara hervorgebracht hat.
Erdoğans Big Five
Der Präsidentenpalast der Hauptstadt wurde einem absoluten Baustopp zum Trotz errichtet – mit der Aufforderung Erdoğans an seine Kritiker, ihn abzureißen, wenn sie sich denn trauen würden. Das Gebäude, das Ankara einen Großteil seines Waldes gekostet hat, dient ihm als Regierungssitz. Damit nicht genug der architektonischen Protzerei und Selbstdarstellung des fast unumschränkten türkischen „Sultans“ Erdoğan: Der unlängst voreröffnete Flughafen Istanbul soll bei Eröffnung seiner vollen Kapazitäten im April 2019 mit 150 Millionen Passagieren im Jahr den Atalanta International Airport als größten Flughafen der Welt ablösen.
Westlich des Flughafens soll außerdem der 45 bis 50 Kilometer lange Istanbul-Kanal entstehen, der den Bosporus entlasten soll. Ein weiteres Infrastrukturprojekt in diesem Zusammenhang war der 2016 abgeschlossene Bau der Yavuz-Sultan-Selim-Brücke als dritte Bosporus-Brücke am Nordeingang der Meerenge.
Erklärtes Ziel von Superlativ neben Superlative ist es, die Türkei unter die Top-10 der Wirtschaftsmächte der Welt zu katapultieren. Derweil befindet sich die Republik auf Platz 17.