Emeritierter Papst Benedikt XVI. ist tot - Beerdigung am 5. Jänner
Von Walter Friedl
"Ich bin nicht mehr der Papst der katholischen Kirche." Mit diesen lapidaren Worten machte Benedikt XVI. in Castel Gandolfo am 28. Februar 2013 vor einer Schar von Gläubigen den spektakulären Rücktritt als Papst perfekt. Es war erst der zweite in der 2.000-jährigen Kirchengeschichte. "Ich bin einfach nur noch Pilger, der die letzte Etappe seiner Pilgerreise auf dieser Erde beginnt."
Nun endete diese Etappe. Der emeritierte Pontifex Maximus verstarb im Alter von 95 Jahren, am 31. Dezember 2022. "Mit Trauer teile ich mit, dass der emeritierte Papst Benedikt XVI. heute um 9.34 Uhr im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan verstorben ist", erklärte der vatikanische Pressesprecher Matteo Bruni. "Weitere Informationen werden so bald wie möglich folgen", fügte er hinzu. Katholiken in aller Welt trauern um den gebürtigen Bayern, der der Kirche über Jahrzehnte einen äußerst konservativen Stempel aufdrückte.
Beerdigung am 5. Jänner
Ab Montag soll der verstorbene frühere Papst im Petersdom in Rom aufgebahrt werden, damit Gläubige Abschied von ihm nehmen können. Die Beerdigung ist für Donnerstag, am 5. Jänner, um 9.30 Uhr geplant. Es wird mit rund 60.000 Gläubigen gerechnet.
Papst Franziskus wird die Trauerzeremonie im Petersdom leiten. Geplant sei eine "schlichte Zeremonie" in Benedikts Stil, sagte Bruni. Erwartet werden Staatschefs und Geistliche aus der ganzen Welt.
Als Zeichen der Trauer über den Tod des emeritierten Papstes läutete die Pummerin des Wiener Stephansdoms für fünf Minuten.
Kardinal Christoph Schönborn erklärte auf Twitter, er denke "mit großer Dankbarkeit" an Papst Benedikt.
"Panzerkardinal"
Sowohl als Präfekt der Glaubenskongregation (1981-2005), also als Hüter der reinen Lehre, als auch als oberster Hirte (2005-2013) verfolgte Joseph Aloisius Ratzinger, geboren am 16. April 1927, zwei Ziele: Die Bewahrung des christlichen Kerns, der nicht von modischen Zeitgeistströmungen aufgeweicht werden dürfe, und das Zusammenhalten der Herde gegen die oft Gott-abgewandte Welt.
Für diese tiefen Überzeugungen, die der brillante Dogmatiker in mehr als 600 Publikationen ausführlich darlegte, war er nicht bereit, Kompromisse zu schließen, geschweige denn Reformen anzustoßen. Das trug dem Deutschen in den 1980er-Jahren den wenig schmeichelhaften Titel "Panzerkardinal" ein.
Den lateinamerikanischen Befreiungstheologen, die sich auch sozial für die Ärmsten engagierten, ließ Kardinal Ratzinger keinen Millimeter Spielraum. Und auch in den brennenden Fragen der vergangenen Jahrzehnte, wie Zölibat, Frauen-Priestertum, Geburtenregelung oder einen gütigeren Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, blieb der Sohn eines Gendarmen bis zuletzt seiner harten Linie treu.
Dabei galt er zu Beginn seiner Kirchen-Karriere durchaus als Reformer. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) erwarb er sich diesen Ruf als Berater des greisen Kölner Kardinals Joseph Frings, später unterschrieb er sogar einen Aufruf zum Überdenken des Pflichtzölibats.
Doch seine Auseinandersetzung mit der 1968er-Bewegung ließen den Bayern zurückmarschieren – während seiner Vorlesungen an der Universität Tübingen wurde er ausgebuht.
Endgültig unumkehrbar wurde dieser Wandel mit der Berufung zum Präfekten der Glaubenskongregation durch Papst Johannes Paul II. Drei Jahre lang wehrte sich der Theologe gegen den neuen Job – seiner wissenschaftlichen Forschung zuliebe. Erst als er die Zusage erhielt, weiterhin publizieren zu können, willigte er ein.
"Wir sind Papst"
Seither war er fixer und gewichtiger Bestandteil der vatikanischen Hierarchie – und erster Anwärter, auf dem Stuhl Petri Platz zu nehmen nach dem Tod von Johannes Paul II. In einem der kürzesten Konklave der Kirchengeschichte setzte sich der Deutsche 2005 durch und wurde "Oberster Brückenbauer".
"Wir sind Papst", titelte die deutsche Bild-Zeitung voller Stolz. Doch die Euphorie verflog schnell. Benedikt lächelte viel, doch seine aufgeschlossenen Schäfchen hatten wegen des dogmatischen Kurses wenig zu lachen – Andersgläubige ebenso: Die Muslime verärgerte er 2006 mit seiner "Regensburger Rede".
Dabei verwendete er folgendes Zitat des byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos: "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden."
Die Juden brüskierte der Papst, indem er bei der Karfreitagsliturgie die Bitte um deren Bekehrung wieder einfügte. Und den Protestanten ließ er ausrichten, dass deren Gemeinschaften "keine Kirchen im eigentlichen Sinn" seien.
"Brückenbauer"
Später wurde er seinem Namen als "Brückenbauer" zu den Weltreligionen doch noch gerecht – mit seinen Besuchen in der Blauen Moschee in Istanbul (2006) und an der Klagemauer in Jerusalem (2009).
Gegen Ende seiner Amtszeit musste sich der gesundheitlich schon gezeichnete Pontifex mit Intrigen in der römischen Kurie und der so genannten VatiLeaks-Affäre herumschlagen – geheime Dokumente waren an die Öffentlichkeit gespielt worden. Diesen Herausforderungen war der Mozart-Liebhaber aber nicht mehr gewachsen. Er gab 2013 den Hirtenstab ab, der ihm ohnehin stets ferner war als theologische und philosophische Traktate.
Missbrauchsaffäre
Spät, 2022, holte ihn eine Missbrauchsaffäre eines Priesters während seiner Zeit als Bischof von München und Freising ein (1977-1981) und legte einen hässlichen Schleier auf sein Lebenswerk.
Zurückgezogen, wie auch schon die Jahre davor, ließ er dieses als "einfacher Arbeiter im Weinberg des Herrn", wie sich Benedikt XVI. unmittelbar nach seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Kirche genannt hatte, in einem umgebauten vatikanischen Kloster ausklingen. Dort beendete er jetzt seine "letzte Etappe".