Tirol-Wahl: Anton Mattle ruft in den Bergen zur "Aufholjagd"
Von Christian Willim
Ein riesiger Lawinendamm steht in Galtür am Fuße des Grieskogel, dort wo 1999 eine Lawine in das Bergdorf im Paznauntal donnerte. Eine Jahrhundertkatastrophe. Und die erste politische Bewährungsprobe von Anton Mattle - damals Bürgermeister und heute neuer Obmann der Tiroler Volkspartei.
Als solcher gilt es für ihn zu verhindern, dass seine Partei einem gewaltigen Erdrutsch gleich an Wählern verliert.
Auf dem Schutzbau
Drei Wochen vor den Landtagswahlen am 25. September versammelte Mattle am Samstag rund 100 Kandidaten von Landes- und Bezirkslisten auf dem Dach des Lawinenschutzbaus, in den mit dem "Alpinarium Galtür" ein Ausstellungszentrum und die Feuerwehr integriert sind.
Die Inszenierung ist - im Gegensatz zu früheren Wahlkampfauftakten der VP - bewusst bescheiden gewählt: keine große Halle, keine 2.000 Funktionäre, kein Bombast.
Mit Tourbus in 42 Regionen
"Wir gehen auf die Leute zu", habe man sich ins Heft geschrieben, der wie ein Fußballtrainer in einer Art Stehkreis seine Mannschaft auf „rennen, rennen, rennen“ einschwört. Unten steht ein zum Wahlkampf-Vehikel umgestalteter Linienbus, mit dem der schwarze Frontmann 42 Regionen in Tirol abklappern will.
Die zuletzt kursierenden Umfragen erschüttern die machtbewusste VP, die seit 1945 den Landeshauptmann stellt, bis ins Mark. Der Trend geht Richtung 30 Prozent, selbst der Dreier vor dem Ergebnis ist nicht sicher.
"Deutlich über 30 Prozent"
"Ich verstehe die Umfragen auch als Signal für eine Aufholjagd", so Mattle. Er geht davon aus, dass die VP "deutlich über 30 Prozent" erreichen wird. 2018 unter Günther Platter waren es noch 44,3 Prozent.
Inhaltlich platzierte der VP-Spitzenkandidat wenig Neues, ließ aber wissen: "Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ist ewas, das wir brauchen."
Im Bereich Pflege will er den Zuzug qualifizierter Mitarbeiter ermöglichen, die in und außerhalb Europas angeworben und in einem zweiten Schritt auch in ihrer Heimat ausgebildet werden könten.
Ausgangslage
Mattle erneuerte zudem seine Absage einer Koalition mit der FPÖ. Der blaue Parteichef Markus Abwerzger stellt inzwischen - ebenfalls auf Umfragen gestützt - den Anspruch auf den Landeshauptmannsessel.
ÖVP wie FPÖ versprechen sich von diesem "Duell um Tirol", wie es die Blauen plakatieren, Mobilisierung von Wählern. Dass die VP als amtierende Landeshauptmann-Partei diese Karte zieht, verdeutlicht ihre aktuelle Schwäche.
SPÖ-Chef Georg Dornauerd der die Roten zurück in Regierungsverantwortung bringen will, setzt sich inzwischen das Ziel, "deutlich über 20 Prozent" zu kommen. In der jüngsten Umfrage der Tiroler Tageszeitung kommt die VP nur auf 26 Prozent. Die Freiheitlichen (20 Prozent) liefern sich mit der SPÖ (19 Prozent) einen Kampf um Platz zwei.
Zugewinne für Kleine
Der weitere Trend, den auch andere Erhebungen stützen: Neos und die einst von VP-Rebell Fritz Dinkhauser gegründete Liste Fritz (2018 beide knapp über fünf Prozent) können mit Zugewinnen rechnen.
Die Grünen, noch Koalitionspartner der Volkspartei - scheinen sich rund um die Werte der Wahlen von 2018 zu stabilisieren. Bei denen blieb man - kurz nach dem Ausscheiden der Bundespartei aus dem Nationlrat - mit 10,7 Prozent gerade noch zweistellig.