Boom der Themenparks: Die inszenierten Berge
Von Christian Willim
65 Jahre ist Walter Eisenmann alt. Der Geschäftsführer der Skiwelt Wilder Kaiser im Tiroler Unterland arbeitet schon fast sein halbes Leben bei der Liftgesellschaft, die im Winter eines der größten Skigebiete Österreichs betreibt. Und er kennt die Zeiten, als Bergbahnen im Sommer eher unwillig als Unterstützung für den Wandertourismus offen gehalten wurden. „Das war unter dem Strich eher ein Minus“, erzählt Eisenmann.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Das Geschäft vieler Sommer-Bergbahnen boomt. Und daran hat Eisenmann als Pionier einen entscheidenden Anteil. Sein Unternehmen eröffnete vor 16 Jahren mit dem Hexenwasser Söll auf den Hängen der Hohen Salve eine Wasser-Erlebniswelt, die sich zu einem wahren Touristenmagnet entwickelt hat.
Der Lift, der in diesen Themenpark führt, ist bestens ausgelastet. „Vor dem Hexenwasser hatten wir im Sommer rund 40.000 Besucher, inzwischen sind es 200.000“, erzählt Eisenmann, der anfänglich noch von vielen Mitbewerbern belächelt wurde. Denn der Winter war stets das Maß aller Dinge, der Sommer ein Stiefkind.
Im Sommer 2002 waren die Bergbahnen Söll mit ihrem Hexenwasser einer von sieben Liftbetrieben in Österreich, die sich unter das Dach eines neuen Gütesiegels „Beste Österreichische Bergbahnen“ begaben. 16 Jahre später gibt es bereits 65 Betriebe, die mit der Inszenierung der Berge im Sommer Gäste in ihre grünen Skigebiete locken. Die Flucht vor den Hitzewellen im Tal und die Suche nach Kühle haben das Geschäft in der heurigen Saison weiter befeuert.
Für die Skiwelt Wilder Kaiser, die bereits sechs Erlebniswelten auf mehreren Bergen betreibt, rechnet Eisenmann mit einem Umsatzplus von zehn bis zwölf Prozent. Die Bergbahnen der Skiwelt machen bereits 15 Prozent ihres Geschäfts im Sommer, bevor der Inszenierung Einzug hielt, waren es nur sech bis sieben Prozent.
Fokus auf Familien
76 „Themenberge“ gibt es in Österreich bereits. Sie positionieren sich in fünf Kategorien. Da sind Skigebiete die im Sommer ganz auf Action – etwa mit Bikeparks und Singletrails für Mountainbiker – setzen. Andere wollen mit spektakulären Ausblicksplattformen punkten. Auch Genuss- und Kulturerlebnisse werden als Alleinstellungsmerkmale vermarktet. Im Hauptfokus steht jedoch eine wichtige Zielgruppe: Familien.
Mehr als die Hälfte aller Erlebniswelten der Sommerbahnen setzt auf dieses Publikum. Da werden riesige Rutschen in die Landschaft gebaut, Wasserspielwelten wie in Söll oder ganz klassische Spielplätze errichtet. 74,4 Millionen Euro Umsatz haben die mit Gütesiegel ausgezeichneten Liftbetriebe 2017 bereits erzielt und 7,5 Millionen Besucher registriert.
„Generell gesprochen hat sich die Zahl der Gäste im Sommer innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelt“, sagt Ricarda Rubik vom Fachverband der österreichischen Seilbahnen. Und jedes Jahr kommen neue Betriebe dazu, die mit Entertainment am Berg neue Kunden gewinnen wollen.
Liliana Dagostin vom Alpenverein sieht diese Entwicklung kritisch. „Wir glauben, dass es mehr Menschen gibt, die in den Bergen Ruhe suchen und kein Halligalli. Aber innerhalb der Skigebiete besteht Narrenfreiheit.“ Darum konzentriere sich der Alpenverein auf den Schutz der noch unberührten Natur.
Wo ist was los?
Familien: Die Bergbahnen Söll (T) haben mit ihrem Hexenwasser einen Erlebnispark mit rund 60 Stationen geschaffen. Viele davon setzen sich spielerisch mit dem Thema Wasser auseinander. Aber auch andere Facetten der Natur werden näher gebracht. Eintritt inklusive Gondelfahrt für Erwachsene: 21 Euro, Kinder: 11 Euro. Weitere Infos: hexenwasser.at
Abenteuer: Die Bergbahnen Leogang (S) setzen wie die gesamte Region auf Biketourismus und zählen in diesem Bereich in Österreich zu den Vorreitern. Der Bikepark Leogang ist WM-erprobt. Eine Eintageskarte kostet für Erwachsene: 41 Euro, Kinder: 20,50. Es gibt auch Kombitickets, die einen Flug mit einem Flying Fox ermöglichen. Weitere Infos: bikepark.saalfelden-leogang.com
Aussicht: Die Dachstein Gletscherbahn (St) in Ramsau garantiert bereits bei der Auffahrt imposante Panoramablicke. Oben am Berg bringen eine Hängebrücke oder auch die „Brücke ins Nichts“ Adrenalin-Kicks. Kombi-Tickets für Erwachsene: 41,50 Euro, Kinder: 23,50 Euro. Weitere Infos: derdachstein.at