Seisenbacher: Anklagebank statt Olympia-Thron
Wenn Peter Seisenbacher am Montag in den Großen Schwurgerichtssaal im Landesgericht für Strafsachen in Wien geführt wird, werden viele Augen auf ihn gerichtet sein. Neben den zahlreichen Medienvertretern werden rund 60 Gerichtskiebitze jedes Wort des Ex-Judokas verfolgen. Sie mussten sich vorab anmelden. Wer seine Platzkarte nicht bis spätestens 9 Uhr abgeholt hat, hat Pech. Die Karten werden weitergegeben. Das Interesse der Öffentlichkeit ist groß.
Es ist der denkmalgeschützte Ort, in dem seit zwei Jahren der Buwog-Prozess rund um den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser verhandelt wird. Seisenbacher wird sich hier zum ersten Mal zu den Vorwürfen, die gegen ihn erhoben werden, äußern. „Alles, was er zu sagen hat, wird er am Montag vor Gericht sagen“, sagt sein Anwalt Bernhard Lehofer. Zuvor werde man sich nicht dazu äußern.
Das lange Schweigen
Seisenbacher schweigt seit Jahren. Im Juni 2014 wurde publik, dass gegen das einstige Sportidol ermittelt wird. Der Vorwurf: sexueller Missbrauch von unmündigen Mädchen.
Die mittlerweile erwachsenen jungen Frauen werden am Montagnachmittag aussagen. Zuhörer und Medienleute werden dann den Saal verlassen müssen – zu intim sind ihre Schilderungen.
Einst war Seisenbacher ihr Trainer. Ein Mädchen war laut Anklage neun Jahre alt, als es der damals 37-jährige Seisenbacher bedrängt haben soll. Bis zum 14. Lebensjahr soll die Schülerin dann wiederholt von ihm missbraucht worden sein.
Und auch mit einem zweiten Mädchen, damals 13, soll es laut Staatsanwältin Ursula Schrall-Kropiunig zu sexuellen Handlungen gekommen sein. Das Mädchen war ebenfalls in der Judo-Kindergruppe.
Eine weitere Frau berichtet davon, dass Seisenbacher auf einem Sommerlager versucht haben soll, ihr näher zu kommen. Sie war damals 16, konnte sich wehren.
Und dann gab es laut Staatsanwaltschaft auch noch eine weitere „intime Beziehung“ zu einer 16-Jährigen. Die soll allerdings im Einverständnis gewesen sein.
Missglückte Ausreise
Eigentlich hätte der Prozess gegen Seisenbacher schon am 19. Dezember 2016 stattfinden sollen. Doch er tauchte unter, flüchtete in die Ukraine. Zielfahnder des Bundeskriminalamtes spürten ihn auf, Seisenbacher kam in Auslieferungshaft. Doch er wurde wieder entlassen. Er stellte unter anderem einen Asylantrag, weil er befürchtete, dass ihn in Österreich kein faires Verfahren erwarten würde.
Erst im vergangenen September ging Seisenbacher den Fahndern dann ins Netz. Er hatte versucht, mit einem manipulierten Pass die Ukraine zu verlassen. Seit 14. September sitzt er in Wien in U-Haft.
Ein Urteil wird voraussichtlich am Montag, 2. Dezember, gefällt.