Riesenverfahren: Ermittlungen gegen 230 Staatsverweigerer
Eigentlich ist es ein Ableger jenes Verfahrens, das österreichweit für Aufsehen sorgte, dem Putsch-Prozess gegen den „Staatenbund“ in Graz. Doch dieser Ableger hat es in sich, mengenmäßig: Die Staatsanwaltschaft Graz ermittelt gegen 230 mutmaßliche Staatsverweigerer so viele kamen noch nie in einem einzelnen Verfahren zusammen.
Im Gegensatz zu „Präsidentin“ Monika U. und der übrigen Führungsriege wird diesen Verdächtigen aus ganz Österreich aber nicht Hochverrat vorgeworfen, sondern das für diese Gruppe übliche: Staatsfeindliche Verbindung, Nötigung, Betrug, bestätigte Staatsanwalt Hansjörg Bacher einen Bericht der APA. Der Schmäh der Staatsverweigerer ist immer derselbe: Sie lehnen die Republik Österreich ab, die sie bloß als Firma sehen und decken die ihren mit selbst hergestellten Nummerntafeln, Ausweisen und Gewerbescheine ein - gegen Bezahlung natürlich.
Im Visier seit 2017
Die Hunderten Verdächtigen stehen allerdings schon seit den Razzien im April 2017 im Visier der Justiz. Dass der Fall erst jetzt abgearbeitet wird, liegt auch an einem Zuständigkeitsstreit zwischen zwei Staatsanwaltschaften, nämlich Graz und Krems in Niederösterreich. Graz trat das Verfahren vor zwei Jahren an Krems ab, da dort bereits gegen Beteiligte ermittelt wurde. Krems wiederum sah Graz zuständig, letztlich entschied die Generalprokuratur, der Anwalt der Republik, vor kurzem: Faktisch wäre Krems zuständig, aber Graz habe „mehr Erfahrung“ in solchen Verfahren.
Jetzt muss der zuständige Grazer Staatsanwalt erst einmal das Material sichten. Zusätzlich steht wohl auch die Wiederholung des Hochverrats-Prozesses selbst an, der vor einem Jahr mit Schuldsprüchen endete: „Staatenbund-Präsidentin“ Monika U. und ihr „Vizepräsident“ wurden zu 14 beziehungsweise zehn Jahren Haft verurteilt (nicht rechtskräftig), zwölf Angeklagte erhielten wegen staatsfeindlicher Verbindung großteils bedingte Haftstrafen von neun bis 36 Monaten.
Die Generalprokuratur empfiehlt aber nach einer Nichtigkeitsbeschwerde, das Urteil aufzuheben: Die Fragen an die Geschworenen seien „nicht konkret“ genug gewesen, auch wenn 300 gestellt wurden und die Laienrichter 14 Stunden berieten. Der Oberste Gerichtshof hat noch nicht entschieden, hält sich aber meist an solche Empfehlungen.