Kinder an die Macht: 200 Jungpolitiker im Rathaus
Als Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) vor dem Kinderparlament das Wort ergreifen will, kommt im Festsaal des Rathauses Gekicher auf. Einige Kinder rufen dem Bürgermeister schließlich zu, dass sein Mikrofon nicht funktioniert. „Das ist schon einmal ein guter Hinweis!“, sagt Ludwig. „Daran sieht man, dass Mitsprache wichtig ist.“
Das Kinder- und Jugendparlament findet derzeit zum zweiten Mal statt. Während die Abgeordneten des Jugendparlaments aus der Altersgruppe von 14 bis 20 kommen, können sich für das Kinderparlament, das gestern Vormittag im Rathaus tagte, Schulklassen aus den ersten acht Schulstufen (plus eine Kindergartengruppe) bewerben. Rund 200 Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren sind im Saal.
Aus jeder Schulstufe wird eine Klasse ausgelost, jede Klasse bildet im Parlament einen Ausschuss, der ein bestimmtes Thema behandelt, von „Mitsprache & Gemeinschaft“ bis „Klima & Parks“.
„Mich überrascht immer wieder, wie ernst die Kinder das nehmen“, sagt Ludwig zum KURIER. „Da können sich die Erwachsenen wirklich ein Beispiel nehmen. Es kommen auch selten Fantasiedinge; die Kinder sind sehr realistisch, beschäftigen sich mit ihren unmittelbaren Lebensumständen. Sie sagen zum Beispiel, im Sommer sind die Spielplätze oft so heiß, da sollte man für Schatten sorgen.“
Eine Million Euro
Um zu demonstrieren, dass sie es ernst meint, stellt die Stadt eine Million Euro für die Umsetzung von Vorschlägen des Kinder- und Jugendparlaments zur Verfügung. „Das ist wirklich viel Geld“, sagt der Bürgermeister, „da könnt ihr einmal eure Eltern fragen.“
Nach den Begrüßungsworten unterzeichnet Ludwig ein Dokument, in dem offiziell festgehalten wird, dass sich Wien um das UNICEF-Gütesiegel „kinderfreundliche Stadt“ bewirbt. Danach ist der offizielle Teil beendet und die Ausschüsse des Kinderparlaments können mit ihrer Arbeit beginnen. Die Ergebnisse werden der Stadtpolitik dann im nächsten Plenum am 21. März präsentiert.
Selfies und Autogramme
Bevor der Bürgermeister zum nächsten Termin weiterziehen kann, muss er noch für Selfies posieren. Nur mit den vielen Autogrammwünschen hätte Ludwig in dieser Altersklasse nicht gerechnet. Nächstes Mal wird er Autogrammkarten mitnehmen.
Wolfgang Kralicek