Finnische Wärme in der Wiener Gastronomie angekommen
Von Agnes Preusser
Finnen: Distanz und eine gewisse Kühle sagt man ihnen nach. Tatsächlich kann man in Sachen Gastfreundschaft noch einiges von ihnen lernen. Überzeugen kann man sich davon etwa bei „Frau Svensson“ in der Kettenbrückengasse – die nordische Greißlerei hat Ende Dezember aufgemacht.
Neben sehr viel Käse – aus Norwegen, Dänemark, aber auch Italien – bekommt man hier finnische Spezialitäten mit klingenden Namen wie Saaristolaisleipä (süßes Malzbrot) oder Karjalanpiirakka (Piroggen). „Frau Svensson“ heißt eigentlich Minttu Grabherr. „Ich wollte aber einen Geschäftsnamen, der das Gefühl vermittelt, dass hier Kinder aus Astrid-Lindgren-Romanen Zuckerl kaufen würden“, sagt sie. „Und da hat der Name meiner Vorfahren gut gepasst.“
Täglich würden zehn Finnen in ihrem Geschäft stehen, erzählt sie. Dabei gibt es gar nicht so viele: Laut Statistik Austria wohnen derzeit 744 Menschen mit finnischer Staatsbürgerschaft in Österreich, im Jahr 2015 schätzte die Österreichisch-Finnische Gesellschaft, dass rund 4.000 der hier lebenden Menschen finnische Wurzeln haben. „Aber die Sehnsucht nach den heimischen Produkten ist groß“, sagt Grabherr.
Frau Svensson
Käse und nordische Lebensmittel mit wechselndem Sortiment in der Kettenbrückengasse 10 im 4. Bezirk; www.frau-svensson.at
Café Ihana
Im Lokal (2., Kleine Pfarrgasse 3/1) gibt es guten Kaffee
und Kleinigkeiten zum Essen. Etwa Korvapuustit (finnische Zimtschnecken)
Hemma
Im neuen skandinavischen Restaurant (1.; Landesgerichtsstr. 12) gibt es
unter anderem Elch-Ravioli
und Lakritzschnaps
Stammgäste
Erst kürzlich wurde bekannt, dass die Finnen zum „sechsten Mal hintereinander das Ranking des „World Happiness Report“ anführen – niemand ist also glücklicher.
Vielleicht zeigen sich auch deswegen immer mehr Österreicher begeistert von „Frau Svensson“, einige seien besonders experimentierfreudig. In der Leopoldstadt hat sich längst ein anderes finnisches Lokal etabliert: das Café Ihana (Finnisch für „wunderbar), das im Mai 2020 aufgemacht hat. „Der Hype um Skandinavien ist schon immer da gewesen“, sagt Besitzerin Hanna Yrjölä. Das Design sowieso, aber auch die nachgesagte Sauberkeit, die Naturverbundenheit und der Fortschritt würden zu einem positiven Image beitragen.
Auch im „Ihana“ ist von kühler Distanz nichts zu merken, mehr noch, Yrjöla hat die Wärme aus Helsinki vermisst: „Ein kuscheliges Lokal mit Wohnzimmeratmosphäre hat mir in Wien gefehlt, deswegen habe ich es selbst eröffnet.“ Je nach Saison werden unterschiedliche Speisen angeboten, etwa Lachssuppe.
Schnell ausverkauft
Zu Ostern gibt es Mämmi, ein fermentierter Roggenpudding – als sie diesen vor einem Jahr angeboten habe, sei er innerhalb von zwei Stunden ausverkauft gewesen – und das, obwohl er „schrecklich aussieht“ (siehe Bild).
Das Sortiment wechselt auch bei „Frau Svensson“ regelmäßig, denn „wenn immer alles gleich ist, langweilt mich das schnell.“ Auswahl gibt es jedenfalls genug, es gibt weit mehr finnische Produkte als nur – wie man vielleicht vermuten könnte – Lakritze und Lachs, etwa Birkenwasser, oder Tannenspitzen-Pesto.
Grabherr erklärt alles bereitwillig: „Ich erfülle so etwas wie einen Bildungsauftrag.“ Auch finnische Süßigkeiten gibt es. Ohne Lakritze geht es tatsächlich nicht, und auch Schokoladen der Marke Fazer ist immer vorhanden, mit der laut Grabherr „wirklich jeder Finne jeder Generation eine eigene Geschichte verbindet“.
Und wer weiß, vielleicht verbindet ja auch bald jeder Wiener eine glückliche Erinnerung damit.