Dschihadisten-Prozess: "Der Stützpunkt des IS in Österreich"
Der Staatsanwalt liest aus dem Programm des Predigers vor. "Das Töten von Zivilisten und Kindern" steht da unter Punkt 2. Danach kommt "Das Vorgehen bei der Enthauptung eines Menschen mit dem Messer".
Der Angeklagte habe also "Unterricht für die Enthauptung eines Menschen gegeben", kommentiert der Staatsanwalt.
Sechs Männer sitzen seit heute, Montag, vor Gericht. Sie alle haben mit einem Linzer Moscheeverein zu tun, den der Grazer Ankläger als einen "Stützpunkt des IS in Österreich" anprangert. Den gebürtigen Türken im Alter zwischen 31 und 52 Jahren, vier von ihnen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, wirft er terroristische Vereinigung und staatsfeindliche Verbindung vor. Ein siebenter Angeklagter ist flüchtig. "Aufenthalt unbekannt" diktiert die Richterin ins Protokoll.
Strenge Sicherheitsmaßnahmen
Die anderen sechs Angeklagten kommen aus der U-Haft in den Schwurgerichtssaal. 13 Justizwachebeamte bewachen sie, vor dem Saal steht Polizei. Die Sicherheitsmaßnahmen sind streng, wohl auch wegen der generellen Einschätzung: Auf eine parlamentarische Anfrage der FPÖ bezifferte das Innenministerium die Anzahl potenzieller "Gefährder" in Österreich mit 47.
Der Grazer Staatsanwalt betrachtet auch den Hauptangeklagten als einen solchen "Gefährder". Der 47-jährige Religionslehrer habe junge Muslime radikalisiert und "für den IS angeworben". Schon Kinder habe er in seiner Lehrerrolle einfangen können. "Religionsunterricht von radikalen Predigen ist Ideologieunterricht. Unterrichtet wird da die Scharia. Da werden schon Kinder im Volksschulalter geprägt."
"Nur den Koran erklärt"
Die vier Verteidiger kalmieren. "Mein Mandant ist gegen den IS", beteuert der Anwalt des Predigers. "Er hat nie jemanden in diese Richtung radikalisiert." Der Verein sei bloß "Treffpunkt mehrerer türkischer Familien gewesen, er hat den Koran erklärt. Das war's." Die Verteidiger fordern Beweise, sei es schrifltich oder durch Videos und Tonaufnahmen. "Ich frage mich, wo genau diese Hetzte gepredigt worden sein soll", überlegt ein Anwalt. In dem 30.000 Seiten dicken Akt sei ihm nichts dergleichen untergekommen.
Der Prozess ist vorerst für neun Tage angesetzt und wird mindestens bis Mitte Oktober dauern.