„Wir wollen ein starker Zweiter werden“
Von Josef Ertl
Georg Brockmeyer ist seit zwei Jahren Landesgeschäftsführer der SPÖ. Der 46-Jährige war zuvor unter anderem Leiter der Kommunikation der SPÖ Bundesgeschäftsstelle und Landesgeschäftsführer der SPD Niedersachsen.
KURIER: Die SPÖ Steyr hat den Ausschlussantrag gegen die Nationalratsabgeordnete und Bürgermeisterin von Altmünster, Elisabeth Feichtinger, beim Landesschiedsgericht eingebracht (Mandatsannahme entgegen interner Absprache). Wie geht das nun weiter?
Georg Brockmeyer: Der Landesparteivorstand richtet eine Schiedskommission ein. Da können die Streitparteien ihre Vertreter nominieren. Wir werden das in aller Ruhe und solidarisch abhandeln.
Der Linzer Bürgermeister und Stadtparteivorsitzende Klaus Luger hat die Situation der Landespartei mit „konsolidiert“ kommentiert. Wie sehen Sie selbst die Lage?
Allein der Landesparteitag, der mit 2.500 Online-Zusehern der größte in der Geschichte ist, hat gezeigt, dass die Partei zurück ist. Wenn auf einen Arbeitsplatz acht Arbeitssuchende kommen, wenn mehr als 52.000 Menschen arbeitslos sind und die Landesregierung völlig untätig ist, braucht es mehr Sozialdemokratie. Wir haben beim Parteitag gezeigt, dass wir da sind. Die Landeslisten sind mit guten inhaltlichen Debatten aufgestellt worden. Natürlich sind das auch immer Kompromisse, aber es sind Dinge, die wir gut gemacht haben. Ich bin durchaus zufrieden.
Die SPÖ setzt stark auf das Thema Arbeit. Die Arbeitslosigkeit lag Ende Jänner bei 7,6 Prozent, das ist die Niedrigste im Vergleich aller Bundesländer. Schwächt das nicht Ihre thematische Stoßkraft?
Die Menschen leben nicht im Vergleich. Was hilft es dem arbeitslosen Familienvater, wenn die Arbeitslosigkeit in einem anderen Bundesland höher ist? Was nützt es der alleinerziehenden Mutter in Kurzarbeit, wenn es woanders noch schlimmer ist? Die Menschen brauchen jetzt Hilfe. Diese kommt weder von der Bundes- noch von der Landesregierung. Die Bundesregierung weigert sich, dass das Arbeitslosengeld angehoben wird. Wir haben eines der niedrigsten Arbeitslosengelder in Europa. 55 Prozent sind existenzgefährdend. Man muss Geld in die Hand nehmen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, und alte zu sichern. Keine Scheinprogramme mit vorgezogenen Investitionen, sondern man muss mehr frisches Geld in die Hand nehmen, um zu investieren. Die EU stellt mit dem Recovery Fonds Milliarden für Investitionen zur Verfügung. Das Land Oberösterreich könnte dieses Geld abholen, um zum Beispiel in den öffentlichen Verkehr zu investieren. Sie tut es nicht, alle unsere Anträge sind im Landtag abgelehnt worden. Das ist eine von Geiz getriebene Politik.
Die SPÖ liegt in den Umfragen für die Landtagswahl im Herbst bei ihrem Wahlergebnis von 2015, nämlich bei etwa 18,5 Prozent. Die Grünen legen zu. Wer ist Ihr Hauptgegner? Die Grünen oder die FPÖ?
Umfragen sind Momentaufnahmen. Wir brauchen eine andere Politik in Oberösterreich. Wir sind derzeit de facto die einzige Oppositionspartei. Unser Hauptgegner ist die regierende Ibiza-Koalition, mit der ÖVP an der Spitze.
Die Grünen sind auch in Opposition.
Ich nehme die Grünen derzeit wenig wahr.
Sie sind für Sie kein Gegner?
Sie stellen zwar einen Landesrat, aber ich habe nicht den Eindruck, dass sie eine Politik für die Menschen betreiben.
Vor zwei Jahren haben Parteivorsitzende Birgit Gerstorfer und Ihre Vorgängerin als Geschäftsführerin erklärt, dass die SPÖ drauf und dran ist, die FPÖ zu überholen.
Ich will Wahlen gewinnen und nicht Umfragen. Die FPÖ hat viel Klärungsbedarf. Ihr Kurs auf Bundesebene ist nicht sonderlich verantwortungsgetrieben. Die oberösterreichische FPÖ fährt einen Schlingerkurs.
Will die SPÖ die FPÖ überholen? Auf Bundesebene liegt die SPÖ deutlich vor der FPÖ.
In den Umfragen ist das auf Landesebene auch der Fall. Es ist natürlich unser erklärtes Ziel, deutlich stärker als 2015 zu sein. Und ein starker Zweiter zu werden.
Gleichzeitig zu den Landtagswahlen finden Gemeinderatswahlen statt. Welche Ziele verfolgen Sie hier? 2015 gab es ja auch auf dieser Ebene schwere Verluste, zum Beispiel in Wels.
Wir wollen überall dort, wo wir eine/n Bürgermeister/in stellen, diese/n halten und die Ergebnisse in den Gemeinderäten verbessern. In Eferding schaut es zum Beispiel ganz gut aus. Es ist für uns ein Hoffnungsgebiet. Mit Petra Wimmer haben wir in Wels eine sehr gute Spitzenkandidatin und eine Partei, die einen Gestaltungswillen hat. Wir schauen, dass Bürgermeisterin Elisabeth Feichtinger in Altmünster ein noch besseres Ergebnis erzielt.
Seit 2019 stellen wir mit Petra Mies in Gurten die Bürgermeisterin. Mehr als 40 Prozent der oberösterreichischen Bevölkerung lebt in Gemeinden mit sozialdemokratischen Bürgermeistern.
Die SPÖ ist also in den Gemeinden stärker als auf Landesebene.
Derzeit ist es so. Wir möchten diese Stärke auch auf Landesebene erreichen.
Die Sozialdemokratie dominiert die Gewerkschaften und die Arbeiterkammern, sie kann aber dieses Vertrauen auf Landesebene nicht umlegen. Warum?
Wir werden das jetzt umlegen. Die Gewerkschaften sind ein wesentlicher Teil der Sozialdemokratie. Mit Birgit Gerstorfer und Hans Karl Schaller (Konzernbetriebsratsvorsitzender Voestalpine, Anm.) an der Spitze zeigen wir, dass es hier einen engen Schulterschluss gibt.
Zum Thema Migration. Die SPÖ hat ein Grundsatzpapier verfasst, das im Schlagwort „Integration vor Zuwanderung“ zusammengefasst ist. In konkreten Streitfällen bezieht aber die SPÖ stets die Position, dass Flüchtlinge bzw. Migranten aufgenommen werden bzw. bleiben dürfen. Steht das nicht im Widerspruch zum eigenen Slogan?
Es geht um klare Regeln und darum, dass man sich auch jeden Morgen in den Spiegel schauen kann. Im Fall der in einer Nacht-und-Nebel-Aktion und mit Hundestaffeln abgeschobenen Mädchen aus Georgien und Armenien war es ja so, dass sie integriert waren. Sie sprachen besser Deutsch als ihre ursprüngliche Muttersprache. Ein Mädchen ging in eines der elitärsten Wiener Gymnasien. Bei den Flüchtlingen in den griechischen Lagern können wir es nicht dulden, dass auf europäischem Boden Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Das ist eine europäische Aufgabe. Die ÖVP hat die FPÖ rechts überholt. Die Oberösterreicher sind zutiefst menschlich. Sie wollen nicht, dass integrierte Kinder abgeschoben werden.