Chronik/Oberösterreich

Pendler 73 Stunden pro Jahr im Stau

VonWolfgang AtzenhoferMit harscher Kritik reagiert die Linzer Wirtschaft auf die in der Vorwoche wegen Planungsmängel angekündigte Bauzeitverlängerung von einem Jahr bei der neuen Donaubrücke. Wird das nun angekündete Fertigstellungsdatum mit Anfang September 2021 gehalten, habe man eine Durststrecke von fünfeinhalb Jahren ohne Ersatzbrücke gehabt. „So etwas darf nie wieder passieren“, forderte der Linzer Wirtschaftskammerobmann Klaus Schobesberger.

Individualverkehr, Radfahrer und Fußgänger müssten seit der Sperre der alten Eisenbahnbrücke im Februar 2016 auf die Donauquerung verzichten, schildert Schobesberger. Die wichtige Brücke wurde abgerissen ohne, dass für die neue ein Einreichplan vorlag. Damit sei die Stadt auf drei Donaubrücken reduziert. Das Stau- und Brückenchaos, sowie die Parkplatzproblematik stelle auch in der jüngsten Image-Umfrage der Stadt Linz das Negativthema, wenn nach Assoziationen mit Linz gefragt wird. Dadurch sieht Schobesberger seine Kritik bestätigt.

Millionenschaden

Die Staubelastung beschere den Pendlern und der Wirtschaft einen massiven Schaden. Laut dem Stauindex eines niederländischen Navi-Herstellers stehen Linzer Pendler durchschnittlich 73 Stunden pro Jahr im Stau, so Schobesberger. Vorsichtig angesetzt, entstehe ein volkswirtschaftlicher Schaden von mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr, zitiert der WK-Chef entsprechende Studien. Zudem hätten Linzer Betriebe wegen des Verkehrsdilemmas bereits Mitarbeiter verloren und Schwierigkeiten Mitarbeiter und Lehrlinge zu finden. Zumindest hofft man, dass sich Mitte 2020 die Situation entspannt, wenn die beiden gerade in Bau befindlichen Bypass-Brücken der Voest-Brücke in Betrieb genommen werden können.

Weiter Rumoren gibt es wegen des Brückendebakels auch in der Linzer Kommunalpolitik. Die Ankündigung des ÖVP-Vizebürgermeisters Bernhard Baier, in der nächsten Gemeinderatssitzung den Antrag einer Kontrollamtsprüfung für die 82 Millionen Euro teure Baustelle zu stellen, sei „eine reine schwarze Wichtigtuerei“, polterte FPÖ-Stadtvize Markus Hein. Das Kontrollamt würde ohnehin von sich aus prüfen. Kopfschütteln bei ÖVP-Klubobmann Martin Hajart: „Für mich stellen sich mittlerweile viele Fragezeichen. Was hat Hein gegen eine sofortige Prüfung?“ Grüne und Neos hätten schon ihre Zustimmung signalisiert, sagt Hajart.

Gesamtverkehrskonzept fehlt

Mit Hin- und Rückfahrten der Ein- und Auspendler werden an den Linzer Stadtgrenzen 300.000 Autofahrten pro Tag gezählt. Im Jahr 2030 werden es noch um 74.000 mehr sein, sagt der Landesdirektor des ÖAMTC, Harald Großauer.

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KURIER: Gibt es zur Stauproblematik überhaupt noch Reaktionen der Autofahrer oder wird die Situation nur mehr hilflos toleriert?
Harald Großauer: „Wir haben in Oberösterreich 350.000 Mitglieder und werden mit dem Unmut der Pendler sehr wohl immer wieder konfrontiert. Der Stauraum Linz ist eines der Dauerthemen, mit denen wir uns zu beschäftigen haben.
 

Wo sehen Sie das Grundübel dieser Misere?
Es fehlt für den gesamten Raum einfach ein verbindliches Gesamtverkehrskonzept. Ein notwendiger Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel funktioniert einfach nicht. Die Kapazitäten sind am Limit. Es fehlt die viel diskutierte zweite Schienenachse, es fehlen Pendlerparkplätze im Hinterland.
 

Wie beurteilen Sie die Verzögerung beim Bau der neuen Donaubrücke?
Die überlasteten Donauquerungen sind das größte Problem. Das sehen wir täglich. Zu den Planungen kann ich nur sagen, dass der ÖAMTC bereits 2013 davor gewarnt hat, dass die  beiden Baustellen bei der neuen Donaubrücke und der Voest-Brücke zeitlich zusammenfallen.

Ein Hauptproblem, dass die meisten Pendler-Pkw nur mit einer Person besetzt sind?
Das ist richtig. Die Besetzung pro Auto liegt bei 1,12 Personen. Ich denke, dass  für funktionierende Mitfahrbörsen vor allem die Firmen der Pendler mit ins Boot geholt werden müssten.