Chronik/Oberösterreich

Haimbuchner: Wieder Schwarz-Blau, Strache soll auf Mandat verzichten

Manfred Haimbuchner (40) ist Landeshauptmannstellvertreter, Landesparteiobmann und stellvertretender Bundesparteiobmann der FPÖ.

KURIER: Ihr zurückgetretener Bundesparteiobmann und Vizekanzler Heinz Christian Strache überlegt, sein Mandat im EU-Parlament anzunehmen. Heißen Sie das gut? Manfred Haimbuchner: Der Wähler hat entschieden. In der Demokratie ist jedes Ergebnis zu akzeptieren. Wenn er das Mandat annimmt, ist er Mitglied des Europäischen Parlamentes. Aber ob das wirklich gescheit ist, auch für ihn persönlich, ist eine andere Frage.

Sie raten ihm ab.

Es ist für ihn, der ein sehr politischer Mensch ist, äußerst schwierig, auf diese Funktion zu verzichten. Für ihn ist das ein gewisser Strohhalm. Es würde ihm aber jetzt einmal ein Rückzug aus der Öffentlichkeit guttun. Ich bin mit ihm in Kontakt, es ist aber seine höchstpersönliche Entscheidung.

Sie haben die Meinung vertreten, Schwarz-Blau sollte sowohl im Bund als auch im Land zwei Legislaturperioden regieren, um die „konservative Revolution“ vor anzutreiben. Nun ist sie in Wien nach nur eineinhalb Jahren vorbei.

Der Wählerwille, was die Grundwerte der schwarz-blauen Koalition betrifft, wird sich nicht ändern. Ich nehme eine Wehmut wahr, dass diese Regierung nicht mehr existiert. Ich mache nicht den Fehler, öffentlich Schuldzuweisungen zu machen. Diese Regierung findet sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene eine ganz breite Unterstützung in der Bevölkerung. Ich halte es für schade, dass eine Reihe von Projekten, die angestoßen wurden, nicht realisiert werden können. Ob das die Steuerreform, Änderungen im Fremdenwesen oder die Mindestpension betrifft. Die inhaltlichen Punkte sind vollkommen richtig. Wegen Befindlichkeiten in Wien werde ich meine Meinung sicher nicht ändern.

Sind Sie für die Fortsetzung von Schwarz-Blau nach der Nationalratswahl?

Das, was in den vergangenen eineinhalb Jahren gemacht worden ist, war absolut richtig. Ich sehe keinen Grund, warum diese Arbeit nicht fortgesetzt werden soll. Ich habe nur den Eindruck, dass sich dort neben der Politik der Message-Control auch eine Art Spielermentalität festgesetzt hat. Große europäische Staatsmänner wie Adenauer, de Gaulle oder Kohl wäre so ein Platzen der Koalition nicht passiert. Sie hätten das Beste für das Vaterland gemacht. Das ist auch meine Auffassung von Politik. Warum soll ich jetzt aus irgendwelchen taktischen Überlegungen eine andere Meinung haben?

Also Fortsetzung von Schwarz-Blau.

Dieses Reformprojekt war richtig. Wir waren der maßgebliche Reformmotor. Dieser Weg soll, neu aufgestellt, mit großer inhaltlicher Überzeugung weiter gegangen werden. Ich wechsle meine Überzeugung nicht jeden Tag wie mein Hemd. Das mache ich nicht.

Bei der SPÖ fällt mir nur mehr der Begriff Suizidaldemokratie ein.

Der Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger meint, es könnte nach der Wahl auch eine Koalition der SPÖ mit den Grünen und Neos oder auch eine Koalition ÖVP, Grüne und Neos geben.

Es mag solche Gedankenspiele geben. Der Wunsch der Österreicher ist es nach meiner Erfahrung nicht. Je stärker die FPÖ bei den Wahlen ist, umso realistischer ist es, dass dieser Reformweg der Regierung, auch inhaltlicher Natur, fortgesetzt wird. Unabhängig von persönlichen Befindlichkeiten, egal welche Partei das auch immer betrifft. Das, was vor eineinhalb Jahren richtig war, ist auch heute richtig.

Die ÖVP wird das aber weder mit den Grünen noch mit den Sozialdemokraten umsetzen können. Wir werden das auch mit anderen Parteien nicht umsetzen können, wenn sich personell nichts ändert. Die SPÖ kämpft in Wahrheit ums Überleben. Sie hat von unseren Einschnitten null profitiert. Man sollte die Lage richtig und pragmatisch beurteilen.

Gegen eine Fortsetzung von Schwarz-Blau spricht, dass das Vertrauen zwischen Schwarz und Blau doch zerbrochen ist. Die Herstellung einer Vertrauensbasis zwischen Kurz und Kickl scheint schwer herstellbar.

Es geht in der Politik nicht um Befindlichkeiten. Auf keiner Ebene. Es geht darum, für das Land das Beste zu geben. Ich bin ein großer Pragmatiker. Pragmatismus und Wertebewusstsein auf allen Ebenen führt zum Aufbau von Vertrauen, das es in der Politik braucht. Ich verstehe, dass Herbert Kickl sauer und für ihn das Vertrauen nicht mehr gegeben ist. Aufgrund einer völlig unbegründeten Entlassung aus dem Innenministerium. Ich verstehe ihn menschlich und fachlich. Die Frage ist, ob die Entlassung Kickls Kurz persönlich überhaupt wollte. Oder ob das ganz andere Kräfte in der Alt-ÖVP waren, die das betrieben haben.

Welche Kräfte?

Es gibt hier Spekulationen, die ich nicht öffentlich machen will. Es geht nicht um Befindlichkeiten. Die Regierung ist am Ende nicht an inhaltlichen Auseinandersetzungen gescheitert, sondern an taktisch-strategischen Überlegungen, gespickt mit ein paar Befindlichkeiten.

Was heißt neu aufgestellt? Bedeutet das neue Gesichter?

Es wird sicherlich neue Personen in der Politik geben, auch in der FPÖ. Das ist klar. Es gibt durch die Rücktritte auch die Chance sich neu zu positionieren.

In Oberösterreich beschäftigten zwei FPÖ-Fälle die Öffentlichkeit. Der eine war das Stadtratten-Gedicht des Vizebürgermeisters von Braunau, der andere der Andorfer Künstler Odin Wiesinger. Wenn man sich beide Fälle genauer ansieht, bekommt man den Eindruck, dass es, abgesehen von inhaltlichen Fragen, auch einfach an Hausverstand für öffentliches Agieren fehlt.

Das denke ich mir auch manchmal. Ich kenne den ehemaligen Vizebürgermeister Christian Schilcher. Er war ein ganz pragmatischer Politiker. Er kommt auch nicht aus irgendeinem verklärten freiheitlichen Lager. Ich verstehe nicht, warum er das gemacht hat. Ich bin ein Katzenliebhaber. Trotzdem versetze ich mich nicht in die Lage meines schwarzen Kater-Bären und bewerte die Landespolitik. Jeder Unsinn wird zu einem politischen Skandal aufgebauscht. Schilcher ist kein Rechtsradikaler, sondern ein ordentlicher Mensch. Es hat hier am Hausverstand gefehlt.

Die Geschichte von Odin Wiesinger hat durch seine Aussagen im Profil eine Schwelle erreicht, die ich nicht rechtfertigen kann und will. Es ist da oft eine emotionale Aufgeregtheit gegeben, mit der Leute, die keine politischen Profis sind, nicht umgehen können. Diese Emotionalität, die es in allen Lagern gibt, wird der Realität oft nicht gerecht.

Können Sie die Russland-Affinität so mancher FPÖ-Politiker erklären? Sie selbst haben das immer abgelehnt.

Die politsche Arbeit findet in Österreich statt. Von einem Stadtpolitiker in der Stadt, von einem Landespolitiker im Land. Ich definiere mich nicht über die Nähe oder Ferne zu anderen Mächten auf der Welt. Die FPÖ sollte sich an der Schweizer Volkspartei orientieren. Wir sollten eine Äquidistanz zu den USA, China und Russland haben. Es geht hier nicht um Freundschaften, sondern um Interessen.