Tauziehen auf der Klimakonferenz
Von Matthias Hofer
"Ich habe große Erwartungen an den Gipfel", sagt die afrikanische Delegierte im braun-karrierten Hosenanzug. Dass sie inmitten der 30.000 Menschen, die aktuell beim UN-Gipfel im polnischen Katowice um die Entwicklung des Weltklimas ringen, ausgerechnet am österreichischen Stand anzutreffen ist, hat einen Grund. "Österreich besitzt sehr viel Know-how im Solar-Sektor, von dem meinland profitieren kann", ist Abze Djigma überzeugt. Und die Prinzessin aus der westafrikanischen Republik Burkina Faso weiß, wovon sie spricht, ist sie doch selbst in der Solartechnikbranche aktiv. Bereits kommende Woche wird sie in Wien Kanzler Sebastian Kurz beim EU-Afrika-Gipfel treffen und hat bereits angekündigt, das Thema mit ihm vertiefen zu wollen.
Mit Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf hat sie sich am Dienstag ausgetauscht. Er ist, wie berichtet, mit einer Delegation nach Katowice gereist, um Bundesministerin Elisabeth Köstinger den Rücken zu stärken. Köstinger vertritt in Polen als Ratsvorsitzende die Interessen der EU und versucht mit den insgesamt fast 200 Teilnehmerstaaten, die Beschlüsse des Weltklimagipfels von Paris - Stichwort Erderwärmung bei weniger als 2 Grad Celsius gegenüber vorindustrieller Zeit begrenzen - mit einem konkreten, für alle Staaten bindenden Fahrplan zu versehen.
Zähe Verhandlungen
"Wir sind in einer extrem kritischen Phase", sagt Köstinger zum KURIER. Es habe in den letzten Wochen zwar umfangreiche technische Vorarbeiten gegeben. Nun aber sei die Politik am Zug, das "komplexe Regelwerk zum Klimaschutz" zu entwickeln. Noch Dienstagnacht sollte ein erster Entwurf vorliegen. Schwierig sei nicht nur, die 196 Vertragsstaaten unter einen Hut zu bekommen, sondern auch, die EU-Staaten auf einer gemeinsamen Linie zu halten. "Es ist ein unfassbarer Kraftakt, alle zusammenzuhalten", sagt die Ministerin. Angesetzt ist die Konferenz bis Freitag. "Gefühlsmäßig glaube ich nicht, dass wir bis Freitag fertig sind", sagt Köstinger, die ab sofort mit täglichen Verhandlungsrunden bis weit nach Mitternacht rechnet.
"Wenn man hier sieht, wie viel geredet und verhandelt wird, ist umso deutlicher, warum es wichtig ist, dass wir hier sind", sagt Pernkopf. "Niederösterreich schafft 100 Prozent seines Strombedarfs aus erneuerbarer Energie. Wir zeigen quasi im Kleinen, wie es funktionieren kann." Gerade die Gemeinden und Regionen seien die Treiber des Klimaschutzes.
"Die Leugner des Klimawandels verstehe ich nicht", sagt Pernkopf. Acht Hitzetagen im Jahr 1961 stünden 41 Hitzetage im heurigen Jahr gegenüber. Die Reaktion des Landes ist unter anderem die Überarbeitung des Klima- und Energiefahrplans. Niederösterreich haben gegenüber den Energiezielen des Bundes etwa 15 Jahre Vorsprung. "Den müssen wir aber auch halten, wenn wir weiter Vorreiter bleiben wollen", sagt Pernkopf.
Polen ist übrigens als Austragungsort der Klimakonferenz nicht zwingend als Vorbildland gewählt. Mehr als 80 Prozent der Stromerzeugung laufen über Kohlekraftwerke - die Schadstoffproduzenten schlechthin. Die Metropole Krakau etwa gehört zu jenen Städten mit der weltweit schlechtesten Luft. Die Klimaziele Polens können kaum als ambitioniert gewertet werden: Im Jahr 2030 sollen nur noch 50 Prozent des Energiebedarfs aus Kohlekraftwerken gedeckt werden. Die erneuerbaren Energien sollen von 13 auf 24 Prozent gesteigert werden. Aber auch der Anteil des Atomstroms soll steigen.