Chronik/Niederösterreich

Gmünd 1989: „Tränen flossen, und viele feierten Verbrüderung“

„Wenn ich nachts heim kam und die Türe aufsperren wollte, musste ich keine Außenbeleuchtung aufdrehen, weil ich im Scheinwerferlicht stand. Tschechische Grenzpolizisten hatten mich immer im Blickfeld“, erzählt Gmünds Altbürgermeister Otto Opelka. Sein Haus steht nur 150 Meter von der Grenze entfernt. Was skurril klingt, war vor dem Fall des Eisernen Vorhangs trauriger Alltag. „Ich kann mich noch erinnern, dass oft Signalminen in die Luft flogen. Ausgelöst von den Vögeln. Weil das sogar den Tschechen irgendwann zu blöd wurde, war dieser Spuk bald vorbei“, erinnert sich Opelka.

Bevor Anfang Dezember 1989 die streng bewachte Grenze zwischen České Velenice und Gmünd aufging, erlebte er jahrelang eine beklemmende Zeit. „Es war ein Gefühl, als wären wir am Ende der Welt. Alles war grau, und wir hatten Angst. Damals hielten wir es für unmöglich, dass der Eiserne Vorhang fallen könnte. Als wir zwei Tage davor von einem Tschechen Andeutungen hörten, konnten wir uns das noch immer nicht vorstellen“, schildert Opelka. Stunden nach der Grenzöffnung strömten Tausende Tschechen und Einheimische auf den Stadtplatz von Gmünd, um gemeinsam zu feiern. „Viele hatten Bier und Essen mit. Es entwickelte sich spontan ein riesiges Fest, bei dem viele Tränen flossen und Verbrüderung gefeiert wurde“, erzählt Opelka.

Sprachbarriere

30 Jahre später zählt die Sprache zu den letzten Hürden. In vielen anderen Bereichen wie Medizin, Wirtschaft, Kultur und Feuerwehr seien tolle Kooperationen entstanden. „Einiges durfte ich als späterer Stadtchef mitgestalten“, freut sich Opelka. Als Sohn einer 1945 aus Tschechien vertriebenen Familie wünscht er sich wie andere Nachfahren nur mehr eines: „Eine Entschuldigung für die Beneš-Dekrete (Anm.: Tschechische Rechtsgrundlage, auf deren Basis Sudetendeutsche enteignet und vertrieben wurden ).“