Gewaltschutz: Höchststand bei Betretungsverboten
Ein 37-Jähriger soll seine Freundin mit bloßen Händen erwürgt haben. Die 28-Jährige wurde von ihrem Vater tot aufgefunden, der Freund als dringend tatverdächtig festgenommen.
Es ist der zweite Frauenmord in dem noch jungen Jahr. Die mutmaßlichen Täter waren jeweils der Ehemann bzw. der Freund.
Auch wenn der jüngste Tatort in Wien liegt, ist man genauso im Burgenland immer öfter mit Gewalt in der Familie konfrontiert.
Im Gewaltschutzzentrum Burgenland ist im Vorjahr nicht nur die Zahl der meist weiblichen Klienten gestiegen.
Auch die Zahl der sogenannten Hochrisikofälle habe sich 2019 verdoppelt und die Zahl der Betretungsverbote sei auf einem „Höchststand“, sagt Karin Gölly, Leiterin des Gewaltschutzzentrums Burgenland im Gespräch mit dem KURIER.
Vor mehr als 20 Jahren wurde die Einrichtung mit Sitz in Oberwart eröffnet. Die Arbeit wird seither immer mehr.
Dass die Gewaltbereitschaft gestiegen sei, möchte Gölly aber nicht pauschal beurteilen. „Ich glaube aber, dass Hilfe öfter in Anspruch genommen wird.“
Präventionszentren
Acht Hochrisikofälle beschäftigten 2018 das Gewaltschutzzentrum im Burgenland.
Das sind jene Fälle, in denen – fast immer handelt es sich um Frauen – eine Person mit dem Tod oder einer schweren Verletzung bedroht wird.
Im Vorjahr waren es bereits doppelt so viele Fälle. „Es ist zum Teil so, dass Frauen von Mordfällen aus den Medien erfahren und aus Angst, dass ihnen Ähnliches widerfahren könnte, Hilfe in Anspruch nehmen.“
Aber auch Gefährder, wie potenzielle Täter genannt werden, würden gegenüber ihren Partnerinnen Bezug auf Mordfälle nehmen bzw. drohen, dass auch ihnen so etwas passieren könne.
2019 wurden 661 Klienten im Gewaltschutzzentrum betreut (2018 waren es 638), 270 Betretungsverbote (2018 waren es 208) und 40 Stalkinganzeigen (plus 5) wurden registriert.
Sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen
Seit einigen Jahren gibt es im Burgenland bereits sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen.
Sind Leben oder Gesundheit bedroht, erstellen Einrichtungen wie das Gewaltschutzzentrum mit den Behörden einen Plan und versuchen, die geeigneten Schutzmaßnahmen aufeinander abzustimmen.
Diese Fallkonferenzen haben Schule gemacht: Sie wurden nun in das neue Gewaltschutzgesetz aufgenommen, das seit Jänner österreichweit in Kraft ist.
Gewaltpräventionszentren
Was Gölly Sorgen bereitet, seien jedoch die ab 2021 im neuen Gesetz geplanten „Gewaltpräventionszentren“.
Personen, über die ein Betretungsverbot verhängt wird, sollen dort künftig zwecks Beratung vorstellig werden. Die konkrete Ausgestaltung der Einrichtungen ist noch offen.
Für die Beratung müsse man jedenfalls bezahlen oder man nehme eine Verwaltungsstrafe in Kauf. „Ich befürchte, dass Opfer künftig vor einer Anzeige zurückschrecken, weil ein Betretungsverbot ja die Familie finanziell belasten würde.“
Kostenlose Beratung
Auf den steigenden Bedarf im Gewaltschutzzentrum im Burgenland hat man jedenfalls schon reagiert: Die Mitarbeiterstunden der sechs Beraterinnen wurde bereits erhöht, sagt die Geschäftsführerin.
Der Sitz des Gewaltschutzzentrums Burgenland ist in Oberwart, Steinamangerer Straße 4/2. Beratungen gibt es auch in Eisenstadt, in Neusiedl am See und mobil.
Sämtliche Angebote sind für Klienten kostenfrei.
Alle Altersgruppen, auch Kinder, werden betreut.
www.gewaltschutz.at
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