Chronik/Burgenland

Doskozil ordnet Hauskrankenpflege neu und irritiert Hilfswerk & Co

Was die Betreuung daheim und die Pflege im Heim betrifft, hat die SPÖ-Landesregierung schon vor rund drei Jahren Pflöcke eingeschlagen. Einerseits mit der Anstellung pflegender Angehöriger bei einer Landesgesellschaft, andererseits mit dem Ausbau von Pflegeheimen samt Verpflichtung privater Betreiber zur „Gemeinnützigkeit“ – wenn sie weiter Geld vom Land wollen.

Am Montag wurde das straffe Konzept für das pflegerische Mittelstück präsentiert – Hauskrankenpflege, betreutes Wohnen und Seniorentagesbetreuung.

Derzeit bieten 14 Träger von 34 Stützpunkten aus Leistungen für rund 6.600 Menschen an. Künftig soll das Land in 28 Regionen eingeteilt werden, jede dieser Regionen wird nochmals unterteilt, sodass am Ende 70 Subregionen mit je 4.000 Einwohnern herauskommen, erläuterten LH Hans Peter Doskozil und Soziallandesrat Leo Schneemann (SPÖ).

Pro Region ist ein zentraler Stützpunkt für Hauskrankenpflege mit Tageszentrum und betreutem Wohnen vorgesehen; dazu kommen bis zu drei kleinere Stützpunkte für jeweils zwei bis vier Gemeinden in der Region – also die oben erwähnten rund 4.000 Einwohner. In jedem dieser landesweit 70 Stützpunkte sollen jeweils neun Mitarbeiter zum Mindestlohn von 1.700 Euro netto angestellt werden.

Das Angebot soll nebenbei auch der vom Land wenig geschätzten 24-Stunden-Pflege durch ausländische Betreuerinnen das Wasser abgraben. Daran hängen freilich auch rund 40 private Pflegeagenturen.

Nach Vorgabe des Landes soll es für jede Region nur noch einen Betreiber für nicht-stationäre Pflege geben. Bewerben kann sich jeder Anbieter, wenn er die Vorgaben akzeptiert. Nach dem Start einer Pilotphase in zwei Regionen (eine im Bezirk Neusiedl/See, die zweite wird noch gesucht) im heurigen Sommer, beginnt die Ausschreibung für alle anderen Regionen ab Anfang 2023. Bis Ende 2024 soll das Modell auf das gesamte Burgenland ausgerollt werden – mit dem Ziel, eine flächendeckende, gemeindenahe Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, so Doskozil: „Damit die Menschen in Würde altern können“.

Anfang 2025 stehen dann bekanntlich wieder Landtagswahlen ins Haus.

„Kostenneutral“

In Summe will das Land nicht mehr als die 37 Millionen Euro aufwenden, die schon bisher jährlich in die nicht-stationäre Pflege geflossen sind. Umgestellt wird aber die Abrechnung mit den Pflegeanbietern, von Normstundensätzen auf Entschädigung für Vollzeitäquivalente. Das Land fördert auch Betriebs- und Sachkosten und überlegt zudem, auch schon bestehende Immobilien von Anbietern zu übernehmen. Das solle aber individuell geregelt werden.

Doskozil rechnet damit, dass auf etwa 20 bis 30 vorhandene Standorte zurückgegriffen werden kann und 40 bis 50 neu errichtet werden müssen. Dafür sei ausschließlich die Landesimmobiliengesellschaft (LIB) zuständig.

Im Detail vorgestellt wurde das Modell am Vormittag den Medien und erst am Nachmittag den Pflege-Anbietern (siehe Zusatzbericht unten).

Doskozil war schon im Vorfeld überzeugt, das Modell sei „einzigartig für ganz Österreich. Aus meiner Sicht regelt es das Thema Pflege abschließend.“ Und man solle doch nicht immer alles von vornherein „schlecht reden“.

Pflege-Anbieter in Videokonferenz informiert

Am Montagnachmittag informierte  Soziallandesrat Leonhard Schneemann die derzeitigen Anbieter von nicht-stationärer Pflege  per Videokonferenz über die künftigen Pläne des Landes. EPIG-Geschäftsführer Wolfgang Habacher, der coronabedingt bei der Vorstellung am Vormittag fehlte (siehe oben), war zugeschaltet und erläuterte die Details. Laut Büro Schneemann waren alle aktuellen Anbieter virtuell dabei und wollen sich in den kommenden Wochen im Detail mit den Plänen befassen.

Davor hatte der KURIER bei Hilfswerk, Diakonie und Rot-Kreuz nachgefragt. Im Vorfeld war keine Organisation eingebunden. Das Rote Kreuz war „in Sorge“, denn die Hauskrankenpflege mit neun Stützpunkten, 67 Mitarbeitern und rund 560 Kunden sei ein wichtiger Bereich innerhalb der Hilfsorganisation, so Sprecher Manuel Komosny.
„Ein System, das quasi zu einem Gebietsschutz führt, sei nicht der richtige Weg“, so Hilfswerk-Chef Thomas Steiner, zumal „wir ein gut funktionierendes System  in der Hauskrankenpflege haben“.