Chronik/Burgenland

Das Land am Rand wurde rotes Kernland

Es wird kein großes Fest, wenn die SPÖ Burgenland am kommenden Freitag ihr 100-jähriges Bestehen feiert. Bei einem Tag der offenen Tür im „Roten Haus“ – der Parteizentrale – in Eisenstadt werden Landesparteichef und Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Landesgeschäftsführer Roland Fürst die Ausstellung „100 Jahre SPÖ Burgenland“ eröffnen. Fotos und Artefakte sollen die Geschichte der Sozialdemokratie veranschaulichen, dazu spielt eine Band für die geladenen Besucher. Rote Chefs anderer Bundesländer werden ebenso fehlen wie Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner. „Es soll ein lokales Fest sein“, sagt Parteimanager Fürst zum KURIER.

Gegründet wurde die „Sozialdemokratische Arbeiterpartei für das Burgenland“ am 9. Jänner 1921 außerhalb der Landesgrenzen in Wiener Neustadt. Der erste Parteivorsitzende Johann Fiala kam aus der westungarischen Arbeiterbewegung, schreibt der Historiker Gerald Schlag im Sammelband „Aufbruch an der Grenze“. Die Arbeiterschaft war es auch, die wesentlich dazu beitrug, dass Westungarn nach dem Ende des Ersten Weltkriegs als Burgenland zu Österreich kam.

Denn mit dem Zerfall Österreich-Ungarns drohte den Arbeitern in Westungarn der Verlust des Arbeitsplatzes auf österreichischem Gebiet. Deshalb waren sie vehement für den Anschluss an die junge Republik Österreich.

In der Zwischenkriegszeit war die Sozialdemokratie auch im Burgenland meist in der Defensive. Tiefpunkt waren die Schüsse von Schattendorf: Rechte Frontkämpfer erschossen 1927 einen linken Schutzbündler und einen Buben; der Freispruch der Schützen führte zum Brand des Justizpalastes, Vorboten von Austrofaschismus und Bürgerkrieg.

Wende in den 60-ern

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Dass die SPÖ in dem auch in den ersten Jahrzehnten nach 1945 agrarisch geprägten Land ohne industrielle Zentren zur Landeshauptmannpartei wurde, ist vor allem mit den Namen Theodor Kery und Fred Sinowatz verbunden. Nachdem Hans Bögl 1964 zum ersten roten Landeshauptmann des Burgenlandes gewählt worden war – übrigens auch dank einer Stimme des einzigen FPÖ-Mandatars – übernahm Kery zwei Jahre später das Zepter. Strategischer Kopf dahinter war Sinowatz, später Unterrichtsminister und Kanzler.

Zwischen 1966 und 1987 eroberte der aus einer katholisch-konservativen Beamtenfamilie stammende Kery für die Sozialdemokratie vier Mal die absolute Mehrheit. Nach einem Minus von fast sechs Prozent verließ er im Oktober 1987 mit den legendären Abschiedsworten, „Ich gehe mehr segnend denn grollend“, die Politik.

1987 (da war Schwarz-Blau schon paktiert) und 2000 (im Sog des Bank-Burgenland-Skandals) drohte den Roten der Machtverlust. Der damals unbekannte Hans Niessl legte bei der Wahl 2000 sogar zu und regierte danach fast so lange wie sein Lehrerkollege Kery. Seit 2019 regiert Doskozil, die auf 12.300 Mitglieder geschrumpfte SPÖ steht nur noch an zweiter Stelle, ganz oben steht „Liste Doskozil“.

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Zwei Wälzer als Geschenk zu 100 Jahre Burgenland

Seit wenigen Tagen ist ein besonders gewichtiger Beitrag zum Jubiläum verfügbar. Unter dem Titel „Burgenland schreibt Geschichte 1921-2021“ haben mehr als 50 Autoren die Entwicklung des Bundeslandes, das seit 1921 ein Teil Österreichs ist, in verschiedenen Bereichen unter die Lupe genommen.

In acht Kapitel unterteilt – von der Politik über Minderheiten, Wirtschaft und Kirchen bis zur Bildung – kann man sich auf mehr als 1.200 Seiten in die Geschichte des Burgenlandes vertiefen.

Herausgeber sind Uni-Professor Oliver Rathkolb, der auch die Ausstellung auf Burg Schlaining kuratiert hat, sowie  Susanna Steiger-Moser, Gert Polster,   Johann Kirchknopf und  Rosemarie Burgstaller. Die Bände gibt es im Museumsshop auf Burg Schlaining und ausgewählten Buchhandlungen. Unverbindlicher Verkaufspreis  31 Euro.