75 Maßnahmen: Burgenlands Klimaschutz fängt in der Politik an
Von Michael Pekovics
Wer dieser Tage geboren wird, den erwartet am Ende des Lebens ein richtig heißer Sommer. Denn ohne Maßnahmen für mehr Klimaschutz wird sich die mittlere Lufttemperatur bis ins Jahr 2100 um 3,8 Grad Celsius erhöhen – dem Burgenland stünden dann rund 32 Hitzetage (derzeit 10) pro Jahr ins Haus. Gleichzeitig würde sich die Anzahl der Frosttage (derzeit 91) um mehr als die Hälfte auf 40 verringern.
Während dieser Tage bei der zweiwöchigen Klimaschutzkonferenz in Madrid wieder 197 Länder über Maßnahmen und deren Einhaltung diskutieren, hat das Land Burgenland mit der Klimastrategie seinen, wenn global gesehen auch nur kleinen Beitrag zum Thema präsentiert. 75 kurz- und mittelfristige Maßnahmen in zehn Bereichen, von der Energiegewinnung über den Verkehr bis zur Bewusstseinsbildung, sollen zur Reduktion der Treibhausgase beitragen.
Das Land geht vor ...
„Das Zeitfenster für Maßnahmen schließt sich langsam“, sagte Landesrätin Astrid Eisenkopf (SPÖ) bei der Präsentation in Pamhagen – und verwies deshalb gleich einmal auf bereits umgesetzte beziehungsweise auf Schiene gebrachte Projekte, vornehmlich im direkten Einflussbereich des Landes. Weil man gleichzeitig Vorbild für Österreich und mit gutem Beispiel voran gehen wolle, so Eisenkopf.
Etwa durch den Ausstieg aus Ölheizungen in öffentlichen Gebäuden, 18.000 Quadratmeter Fotovoltaik-Anlagen (3.039 kWp) auf Dächern von Gebäuden im Bereich der Landesholding, durch Vermeidung von Dienstreisen, Ausweitung von Teleworking – und der Umstellung des landeseigenen Fuhrparks auf alternative Antriebe. Ebenfalls nicht unerwähnt ließ Eisenkopf einen ehrgeizigen Plan der Energie Burgenland, nämlich die Verzehnfachung der Fotovoltaikflächen bis 2025 mit einem Investitionsvolumen von 233 Millionen Euro.
Bereits im Herbst 2020 sollen im Bezirk Neusiedl am See 15 Wasserstoff-Busse rollen – bis 2024 sollen 14 dazu kommen. Im Zuge dessen stellte Eisenkopf auch eine Evaluierung der Gesamtverkehrsstrategie in Aussicht.
... Bürger sollen folgen
Und was kommt im Zuge der Klimastrategie nun auf den einzelnen Bürger zu? In rund zehn Jahren, bis 2030, sollen laut Eisenkopf Ölheizungen in Privathaushalten durch klimafreundliche Alternativen ersetzt werden. Das Verbot im Neubau gilt bereits ab 1. Jänner 2020. Das müsse laut Eisenkopf „sozial verträglich“ erfolgen, also über „Förderungen und Anreize“.
Und durch eine Aufstockung der Energieberater, die auch zu einer Verdoppelung der Sanierungsrate im Wohnbereich auf zwei Prozent führen soll.
Die erste Beurteilung durch den politischen Mitbewerb folgte prompt. Burgenlands Grüne meldeten sich „erfreut“ zu Wort, es fänden sich „Maßnahmen, die wir seit Jahren fordern“, so Landessprecherin Regina Petrik, die allerdings auch kritische Worte findet: Im Bereich der Mobilität sei das Programm sehr zurückhaltend und das große Problem Bodenversiegelung sei nur in der Überschrift „Raumordnung“ zu finden.
Aus 1 mach 2: Doppelt so viele neue E-Pkw als 2018
Die Zahl der E-Pkw im Burgenland nimmt stetig zu. In den ersten zehn Monaten wurden 218 Elektro-Autos neu zugelassen und damit um rund 90 Prozent mehr als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Insgesamt sind bereits mehr als 700 E-Pkw mit burgenländischem Kennzeichen unterwegs. Im Jahr 2020 wird die 1.000er Grenze überschritten, prognostiziert der Verkehrsclub Österreich (VCÖ).
Insgesamt stehen für Elektrofahrzeuge bereits 110 öffentliche E-Tankstellen mit rund 130 Ladeanschlüssen zur Verfügung. Allein in der Landeshauptstadt Eisenstadt gibt es 13 E-Tankstellen. Trotzdem werden E-Pkw hauptsächlich zu Hause geladen. Laut VCÖ ist das aktuelle Wohnrecht aber ein Hemmschuh für den weiteren Ausbau der Elektromobilität. Denn wer als Wohnungseigentümer eine E-Ladestation bei seinem Garagenplatz installieren möchte, benötigt die Zustimmung aller anderen Miteigentümer. Ähnlich ist die Situation bei Miet- und Genossenschaftswohnungen.
Der VCÖ fordert nun die kommende Bundesregierung auf, das „Right to Plug“, also ein Anrecht darauf, in Wohngebäuden Lademöglichkeiten nachrüsten zu dürfen, mit einer Änderung des Wohnrechts einzuführen. Ähnliche Modelle gibt es bereits in Frankreich und Spanien.