Zu Besuch bei den Starkls

Eine Gruppe von Leuten springt auf Paletten in die Luft.
102 Jahre Starkl Gartenbau: Im Interview verraten die Starkls, warum Diskussionen zum Alltag gehören und Pflanzen auch im Urlaub die Hauptrolle spielen.

Ihr Urgroßvater wollte eigentlich Bäcker werden und ist auf Umwegen Gärtner geworden. Wussten Sie schon immer, was Sie werden wollten?

Ein älterer Mann mit Schnurrbart winkt freundlich in die Kamera.
20.06.2014, Aschbachmarkt, Familie Starkl, Foto Alfred Reiter
Josef Starkl sen.:Diese Frage hat mein Vater für mich beantwortet. Er hat mich mit 15 Jahren in die Schweiz geschickt, damit ich dort in einem Betrieb die Lehre zum Gärtner absolviere. Schuld daran war ein Vierer in meinem Zeugnis. Man wurde nicht viel gefragt. Die Entscheidung wurde einem abgenommen. Sein Lieblingsspruch war: "Gearbeitet werden muss, dass die Schwartln rauchen". Das mussten wir uns oft anhören. Mittlerweile weiß ich, dass er damit recht hatte.

Wurde auch für Sie mitentschieden?

Maria Hogl ( geb. Starkl): Zumindest nicht sofort. Ich habe nach der Matura Kunstgeschichte studiert und dachte mir, dass ich dabei auch bleiben werde – doch dann kam Vösendorf. 1979 hat mein Vater beschlossen, dass ich mich künftig um den Standort kümmern soll, damit war das Studium Geschichte. Gefragt wurde ich genauso wenig wie mein Bruder.

Gab es da nie einen Protest – zumindest eine leisen?

Maria Hogl ( geb. Starkl): Nein, damals war das eine andere Zeit und solche Entscheidungen üblich. Doch den Schritt, Vösendorf zu übernehmen habe ich bis heute nicht bereut. Wir mussten als Kinder in der Baumschule immer mit anpacken, es war also eine Rückkehr ins Vertraute. Wir waren ständig im Geschäft und sind damit aufgewachsen. Ich kann mich erinnern, dass ich mit meiner Freundin Andrea an der Kassa aushelfen musste. Ich habe abkassiert und sie die Waren eingepackt. Manche Kunden waren skeptisch, für uns war das nichts Außergewöhnliches.

Josef Starkl: Protestiert haben wir nie. Ich habe manchmal versucht, die Situationen zu meinen Gunsten zu drehen. Irgendwann ist mein Vater zu mir gekommen und hat gesagt: "Ab jetzt sperr’ ma auch am Sonntag auf." Daraufhin meinte ich: Gut aber nur unter einer Bedingung, wir teilen die Einnahmen 50:50. Beim ersten Versuch haben wir 4000 Schilling eingenommen. Damals eine Menge Geld, die er mit mir teilen musste. Ab diesem Zeitpunkt war die Sonntags-Öffnung vom Tisch.

Stefanie Starkl: Mein Vater wurde ebenfalls in den Betrieb vom Opa reinbeordert, eigentlich ist er Ingenieur für Flugzeugbau.

Hat man Sie nach Ihren Berufswünschen gefragt?

Eine Frau mit lockigem Haar stützt ihr Kinn auf ihre Hand.
20.06.2014, Aschbachmarkt, Familie Starkl, Foto Alfred Reiter
Stefanie Starkl:Ja und ich bin froh darüber, dass unsere Eltern da anders waren. Meine Geschwister haben zum Teil andere Berufswege eingeschlagen. Bei mir war es eine klare Entscheidung. Ich wusste schon immer, dass Gartenbau meines ist. Das Einzige, was wir gemeinsam haben, sind die Kindheitserinnerungen an den Betrieb. Auch unser Wohnhaus war direkt neben dem Betrieb, der Verkaufsbereich ist sozusagen in unseren privaten Garten reingewachsen. Fahrrad fahren haben wir im Gartencenter gelernt.

Josef Starkl jun.: Ich wollte eigentlich nichts damit zu tun haben.

Josef Starkl senior: Dein Bruder Franz und du, ihr wart aber auch zwei richtige Dübeln in der Schule. Den Franz habe ich nach Deutschland zur Ausbildung geschickt. Josef hat zuerst experimentiert.

Also auch Sie haben Söhne weggeschickt?

Josef Starkl sen.: Ja, aber der Franz wollte es auch so.

Ein lachender Mann mit Bart und Weste sitzt an einem Tisch.
20.06.2014, Aschbachmarkt, Familie Starkl, Foto Alfred Reiter
Josef Starkl jun.:Stimmt, nur ich wollte eigentlich nie. Der Franz hat den tschechischen Produktionsbetrieb übernommen und ich bin in die Gastronomie gegangen. Das war nicht wirklich die Erfüllung und dann habe ich doch eine Ausbildung im Bereich Gartengestaltung gemacht.

Die Gartengestaltung ist auch eine Errungenschaft der neuen Generation, oder?

Josef Starkl sen.: Ja, denn der Betrieb war ja einst eine Baumschule. Doch in puncto Neuheiten schließen wir an die Vergangenheit an. Mein Großvater, mein Vater und ich haben einiges vorangetrieben. Das Konzept der ersten Selbstbedienungshalle für Pflanzen in Österreich etwa, das Gartencenter, stammt vom Großvater.

Stefanie Starkl: Ein cooler Schachzug, damals war das ein ganz neues Einkaufserlebnis. Nicht mehr auf das Ausgraben der Pflanze zu warten, sondern die Pflanze gleich selbst einzupacken. Und man hatte die Kunden plötzlich ganzjährig in den Betrieb locken können.

Maria Hogl ( geb. Starkl): Die Prämierung der sogenannten Star-Rosen war eine Entwicklung unseres Vaters, dadurch ist der Bekanntheitsgrad der Marke ebenfalls gestiegen.

Wie schwer oder einfach ist es, als junger neue Bereiche zu erschließen?

Eine Gruppe von fünf Personen steht in einem Garten vor einem gelben Haus.
20.06.2014, Aschbachmarkt, Familie Starkl, Foto Alfred Reiter
Rudolf Starkl: Man muss dafür kämpfen, dass Eltern Kindern vertrauen, Dinge selbst bewegen zu können. Bei unserem Betrieb in Frauenhofen habe ich die Gartengestaltung integriert. Ich musste viele Diskussionen mit meinem Vater führen, bis er überzeugt war, dass ich das auch wirklich kann und er mir vertraut.

Stefanie Starkl: Wir haben unsere Ausbildung nicht im eigenen Betrieb gemacht, das ist extrem wichtig. Also das Wegschicken ist nicht der schlechteste Zugang. Dadurch erlangt man Selbstvertrauen und das wiederum brauchst du, wenn du eine Idee durchsetzen möchtest.

Josef Starkl sen.: Für uns Eltern ist es sehr schwierig, wir müssen die Kinder auch manchmal anrennen lassen.

Maria Hogl ( geb. Starkl): Aber je mehr man sie entscheiden lässt, desto besser werden sie. Und es stimmt, man muss sie auch Fehler machen lassen.

Diskussionen sind also vorprogrammiert?

Josef Starkl jun.: Ja, natürlich, es gibt immer wieder Reibungspunkte, aber das gehört auch dazu. Stefanie Starkl: Stimmt, aber wir sind nicht nachtragend.

Eine lachende Frau sitzt an einem Tisch in einem hellen Raum.
20.06.2014, Aschbachmarkt, Familie Starkl, Foto Alfred Reiter
Gabriele Starkl:Wir suchen immer die Zusammenarbeit. Es kracht oft, aber es spinnt keiner ewig.

Josef Starkl senior: Die Entscheidungen treffen aber immer noch wir.

Gabriele Starkl: Ja, aber diese Entscheidungen treffen wir mit den Kindern gemeinsam und wiegen die Vor- und Nachteile der jeweiligen Idee ab.

Die Standorte sind eigenständige Firmen. Teilweise hat die vierte Generation das Ruder bereits übernommen. War es schwer, sich da von den Eltern abzunabeln?

Stefanie Starkl: Mein Bruder und ich führen mittlerweile zwei Standorte. Ab dem Zeitpunkt, wo sich unsere Eltern aus dem Geschäft operativ zurückgezogen haben, war das Ganze eine komplett andere Sache. Denn ab diesem Zeitpunkt bist du für alles zuständig und musst Fehler selbst ausbaden. Du trägst die volle Verantwortung. Davor hatten wir unterbewusst immer die Sicherheit, dass hier noch jemand ist.

Maria Hogl ( geb. Starkl): Im Ernstfall sind wir nach wie vor für alle da.

Kann die Familie Starkl Berufliches von Privatem trennen?

Josef Starkl junior: Nur bedingt, die Arbeit ist ja auch unser Leben.

Josef Starkl sen.: Aschbach ist ein Produktionsbetrieb, das ist eine Landwirtschaft. Da kann man nicht zusperren und gehen.

Stefanie Starkl: Ich glaube, das würde ich nicht können und wollen. Auf allen meinen privaten Reisen etwa schaue ich mir auch mindestens einen Blumenladen oder einen Garten an. Das gehört einfach dazu.

Gibt es gemeinsame neue Ziele?

Stefanie Starkl: Das sieht von uns sicher jeder anders. Jeder schaut vorrangig auf seinen Standort, die gemeinsame Komponente ist die Marke. Jeder hat seine eigenen Wünsche und Vorstellungen für die Zukunft, ob diese Ideen alle in eine Richtung gehen, weiß ich nicht. Die Gartencenter sollten eine gemeinsame Richtung einschlagen, ein Wiedererkennungswert ist für den Kunden wichtig.

Ein Mann und eine Frau sitzen an einem Tisch und unterhalten sich.
20.06.2014, Aschbachmarkt, Familie Starkl, Foto Alfred Reiter
Maria Hogl ( geb. Starkl): Wir tauschen uns mit den Jungen viel aus. Das, glaube ich, tut allen ganz gut. Ich fahre sehr gern mit meiner Nichte auf Messen. Erstens ist es viel lustiger und zweitens bekomme ich ein Gespür dafür, was die neuen Trends sind.

Stefanie Starkl: Und ich wiederum profitiere von ihrer Erfahrung, dieser Mix ist absolut wichtig.

Gabriele Starkl: Stimmt, wir reisen viel miteinander. Für das Geschäft ist es wichtig, auch mit den Augen der jungen Generation zu sehen, dadurch entsteht ein unheimlich kreativer Prozess, der gleichzeitig was bewegt und weiterbringt.

Josef Starkl sen.: Reisen sind unheimlich wichtig, nur so kommt man auch wieder auf frische Ideen. Mein Vater hat schon immer gesagt: Wenn man unterwegs ist, muss man mit den Augen stehlen, man weiß nie, auf welche Ideen man dabei kommt.

Ihre Kinder, Nichten und Neffen werden bald das Ruder übernehmen? Wird man da wehmütig?

Maraia Hogl, geb. Starkl: Nein, überhaupt nicht. Es ist gut wie es ist.

Josef Starkl sen.: Ein wenig vielleicht, aber ich sag's euch gleich; Lange manche ich das nicht mehr. Irgendwann ist es dann auch genug.

Josef Starkl I. gründete 1912 mit einer Ackerfläche von 400 das Unternehmen in Frauenhofen. 1935 wuchs der Betrieb auf 14 Hektar, das Sortiment umfasste 500 Pflanzen, vor allem Rosen, Obst, Ziersträucher und Koniferen. Sein Sohn Josef II. übernahm den Betrieb im Jahr 1952. Er gestaltete aus dem Preisverzeichnis einen Katalog, kürte spezielle Rosensorten zu den sogenannten Star-Rosen. Die Starkl-Kinder, Josef III. Anton, Maria und Ludwig übernahmen Ende der 1970er-Jahre jeweils die Leitung eines der vier Gartencenter in Aschbach, Frauenhofen, Simmering und Vösendorf. 2014 eröffneten die Enkel Stefanie und Ludwig Starkl (4. Generation) ein weiteres Gartencenter in Pottendorf.

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