Sacha Walckhoffs Gespür für Farbe

Sacha Walckhoffs Gespür für Farbe
Bunte Edelsteine, opulente Blütenpracht und der fliegende Teppich: Wie das alles zusammenhängt, erklärt Sacha Walckhoff, Kreativdirektor und Chefdesigner des Mode- und Lifestylehauses Christian Lacroix.

KURIER: Der niederländische Möbelhersteller Moooi präsentierte auf der Mailänder Möbelmesse einen Teppich nach Ihrem Entwurf. Wie ist es dazu gekommen?
Sacha Walckhoff: Das ist eine Geschichte von Freundschaft, die ihren Anfang vor vier Jahren nahm. Marcel Wanders, Moooi-Mitbegründer und Creative Director, entdeckte in einem Magazin zufällig Fotos von meinem Pariser Apartment und sah, dass ich seine Möbel sammle. Er schrieb mir einen Brief, um sich zu bedanken, worauf ich ihn zu einer Fashion Show nach Paris eingeladen habe. Dabei haben wir uns zum ersten Mal persönlich kennengelernt – seitdem verbindet uns eine enge Freundschaft. Vergangene Weihnachten hat er mich schließlich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, ein Stück für ihn zu entwerfen. Das war ein sehr schönes Geschenk – für mich und das Label Christian Lacroix.

Sacha Walckhoffs Gespür für Farbe
Der Teppich ist Teil einer neuen Kollektion, die 48 Designs von bildenden Künstlern, Modeschöpfern und Gestaltern umfasst. Für welches Motiv haben Sie sich entschieden?
Der Entwurf nennt sich "Jewels Garden", ein surreales Dekor, das auch einen Schal der Sommerkollektion 2015 ziert. Ausgangspunkt ist eine Brosche, die sich in Blumen und Juwelen verwandelt. Das Muster dehnt sich aus und die Formen werden nach außen immer dramatischer und abstrakter.

Als Chefdesigner von Christian Lacroix können Sie auf unzählige Muster zurückgreifen. Warum haben Sie genau dieses gewählt?
Es spiegelt den Stil von Christian Lacroix sehr gut wieder: Farbenprächtiges, komplexes Design, das von der Kombination starker Gegensätze lebt. Für „Jewels Garden“ habe ich mich von „1001 Nacht“ inspirieren lassen – der persische König, der Abend für Abend auf dem Teppich durch die Nacht fliegt und den Märchen von Scheherazade lauscht. Entsprechend habe ich versucht, das orientalische Flair einzufangen und es mit futuristischen Elementen kombiniert. Der Mix verschiedener Epochen und Traditionen ist typisch für Lacroix.

Für die Moooi-Teppiche kommt eine völlig neue Technologie zum Einsatz. Wie funktioniert sie?
Mit Super-High-Definition-Drucken gelingt es, überraschend fotorealistische Effekte zu erzeugen. Farben und Töne können unendlich kombiniert werden, so dass ein außergewöhnliches Gefühl von Tiefe entsteht. Es wirkt, als wären die flachen Designs wie 3-D-Bilder in den Teppich geschnitzt.

Sacha Walckhoffs Gespür für Farbe
Sie entwerfen nicht nur für die Lacroix-Lifestyle-Sparte „Art de vivre" sondern auch für ihr eigenes Label?
Lacroix ist mehr als ein Modehaus, es verfolgt einen hohen künstlerischen wie handwerklichen Anspruch. Seit 2011 entwerfen wir neben Herrenmode auch Wohnaccessoires und Lifestyle-Artikel. Die erste Kooperation fand mit dem Textilhersteller Designers Guild statt, für den wir bisher sechs Kollektionen designt haben. Mit diesem Bereich wollen wir uns in Zukunft noch stärker beschäftigen. Unter meinem eigenen Label durfte ich in diesem Jahr für den französischen Lampenhersteller Forestier und den Möbelproduzenten La Chance designen. Zudem habe ich Vasen und Gläser für die tschechische Glasmanufaktur Verreum entworfen. Einige weitere persönliche Kreationen sind in der Pariser Galerie Gosserez zu sehen.
Sacha Walckhoffs Gespür für Farbe
Heute sind viele Modehäuser, von Oscar de la Renta bis zu Hermès, im Interior Design tätig. Warum ist es auch für ein Label wie Lacroix wichtig, sich ein zweites Standbein aufzubauen?
Einerseits wollte ich unbedingt etwas anderes machen als nur Haute Couture und Prêt-à-porter – auch um nicht ständig mit Christian Lacroix verglichen zu werden. Zweitens hat sich die Modeindustrie seit dem Jahrtausendwechsel rasant gewandelt: Modehäuser entwerfen heute bis zu 15 Kollektionen pro Jahr. Meiner Meinung nach ist das verrückt. In der Lifestyle-Abteilung geht es dagegen viel ruhiger zu: Wir entwerfen nur eine Home-Decor und zwei Bürobedarf-Kollektionen pro Jahr. Duftkerzen kreieren wir nur alle zwei bis drei Jahre, da die Selektion der Zutaten sehr zeitintensiv ist. Ich liebe schöne Dinge und will, dass sie perfekt sind – darum ist mir jedes Detail wichtig. Auch wenn es nur ein Notizbuch um 15 Euro ist: Ich will den Kunden ein kleines Stück Schönheit schenken. Wobei der Moooi-Teppich schon eher ein großes Stück ist.

Welche Unterschiede liegen zwischen Mode und Interior Design?
Es gibt viele, aber auf ein sehr wichtiges Detail hat mich Tricia Guild (Anm.: Gründerin Designers Guild) aufmerksam gemacht: Man kann ein Muster aus der Mode nicht einfach so auf das Interior übertragen. Ein Motiv mag etwa perfekt für eine Jacke passen, aber für einen Vorhang oder für ein Sofa wäre es sehr wahrscheinlich viel zu klein.

Sacha Walckhoffs Gespür für Farbe
Sie kommen aus der Mode und wissen, wie man Menschen kleidet. Mit welcher Farbe liegt man in seinem Zuhause immer richtig?
Weiß. Man kann strukturelle oder farbliche Akzente setzen und mit Stoffen oder Bildern dekorieren. Es lässt die meisten Möglichkeiten für Veränderungen zu. Steter Wandel hält die Räume lebendig – und je neutraler der Untergrund, desto leichter ist das realisierbar.

Ihre drei Styling-Tipps für das perfekte Zuhause?
Ich habe nur einen, und der stammt von Diana Vreeland, der Chefredakteurin von Harper’s Bazaar in den 70er-Jahren: „The eye has to travel“(dt.: Das Auge muss wandern). Genau das versuche ich bei der Gestaltung von Räumen umzusetzen. Der Blick muss beim Betreten der Wohnung auf einem Punkt landen, von wo er Raum für Raum weiter wandern kann. Ein Appartment sollte wie eine Reise für das Auge inszeniert sein – das ist der einzige Tipp, den ich geben kann.

www.christian-lacroix.com

Sacha Walckhoffs Gespür für Farbe
exposition Minotaures de Sacha Walckhoff à la galerie Gosserez
Walckhoff wurde 1962 in Frankreich geboren und verbrachte seine Kindheit in der Schweiz. Er studierte Kunst und Mode in Barcelona und arbeitete zunächst in verschiedenen Prêt-à-porter Modehäuser. Im August 1992 traf er Christian Lacroix – dies war der Beginn einer lang anhaltenden Zusammenarbeit. 2002 stieg er zur rechten Hand des Modeschöpfers auf und als dieser das Haus im Jahr 2010 verließ , wurde Walckhoff zum Kreativdirektor ernannt. Seither ist er um die Erhaltung des Stils des Hauses bemüht und gestaltete mehrere ready-to-wear-Kollektionen für Herren sowie Accessoires. Außerdem initiierte er die Gründung der Lifestyle-Abteilung, die unter anderem Porzellan-Geschirr, Möbelstoffe, Tapeten, Luxus-Schreibwaren und Wohnaccessoires lanciert.

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