Neues Ringstraßenhotel in Wien

Neues Ringstraßenhotel in Wien
Florian Weitzer ist ein Wiederholungstäter – und das aus Überzeugung. Für sein fünftes Hotel ließ er einen Fünfzigerjahre-Bau umbauen. Die Architektur sowie die Biografie des Hauses spielen dabei eine wichtige Rolle.

Florian Weitzer scheint zufrieden zu sein. Wenige Tage nach dem Soft Opening, ist das Grand Ferdinand in Wien angekommen. Auf die Frage, wie es ihm geht, folgt ein entspanntes Lächeln: "In so einer Phase ist es schwierig, die passende Antwort zu finden. Aber im Großen und Ganzen läuft alles. Jetzt geht es nur noch um Feinheiten und daran wird bereits gearbeitet." Mittlerweile besitzt er fünf Hotels in Österreich: Das Weitzer, das Wiesler und das Daniel in Graz sowie ein zweites Daniel am Wiener Hauptbahnhof. Für den jüngsten Zuwachs setzte der steirische Hotelier auf eine Prestigeadresse am Ring und ein Architekturjuwel der Fünfzigerjahre.

Am Standort residierte einst das Bundesamt für Verfassung, ab 1950 nutzten die Veitscher Magnesitwerke diesen als Firmenzentrale. Die Gestaltung zeichneten damals Percy Faber und Walter Sobotka verantwortlich. Mit der Planung des Grand Ferdinand wurde das Architekturbüro Atelier Heiss beauftragt.

Die Raumstrukturen mussten komplett neu gedacht werden.

Neues Ringstraßenhotel in Wien
Das Gebäude präsentiert sich schlicht und kompakt. Elemente wie der helle Kalksandstein an der Fassade wurden wiederbelebt, das formal reduzierte Fensterraster wird dadurch zusätzlich charakterisiert und die Glasfront im Sockelbereich wurde geöffnet. "Da die Fassade unter Denkmalschutz steht, haben wir mithilfe von Restauratoren einzelne Aufhängungen der Steinplatten ausgebessert und teilweise ausgetauscht. Sämtliche Fenster sowie deren Steinumrahmungen mussten ebenfalls ausgewechselt werden", erklärt Architekt Christian Heiss.

Das Innere des Bürohauses wurde komplett entkernt.

Neues Ringstraßenhotel in Wien
Um eine ideale Eingangssituation zu schaffen, wurde das Erdgeschoß aufgerissen. Die erste Etage ist mit einer Galerie verbunden. Dadurch ergibt sich auch ein fließender Übergang zwischen den Bereichen Lobby, Rezeption und Restaurant. Die transparente Gestaltung ermöglicht von außen einen Durchblick nach innen zum neu geschaffenen Innenhof, der sich in der Gebäudemitte befindet. Die Öffnung soll auch einen Brückenschlag zwischen Stadtbewohnern und Hotelgästen bilden: "Das Restaurant soll nicht nur von unseren Gästen genutzt werden. Es würde mich auch freuen, wenn auch Wiener das Grand Ferdinand für sich entdecken", sagt Weitzer.
Neues Ringstraßenhotel in Wien
Für den Umbau wurde das Haus innen komplett entkernt. Die größte Herausforderung lag darin, die Grundrisse der ehemaligen Büros in Hotelzimmer umzufunktionieren. "Hinter der Fassade ist eigentlich ein neues Haus entstanden. Die zwei Stiegenhäuser, die Gänge und alle Raumstrukturen wurden neu geplant und positioniert", beschreibt Heiss. Für die neue Dachlandschaft wurde die oberste Etage aufgebrochen. Der Dachfirst wurde erneuert und befindet sich nun auf ähnlicher Höhe wie vorher. Außerdem wurde der Bereich um eine großzügige Terrasse erweitert, die spannende Blickachsen freigibt. Insgesamt sind nun 188 Zimmer und drei Restaurants entstanden. Das Konzept für die Innenraumgestaltung des gesamten Hauses entwickelte der Grazer Hotelier selbst: "Die Grundidee ist wichtiger als die Inspiration. Für das Grand Ferdinand haben wir eine neue Linie gewählt. Wir setzen auf Lobmeyr-Luster oder auf die traditionellen Kaffeehausstühle von Thonet – das Motto Wiener Eleganz soll nicht nur in Form von Bildern transportiert werden. Subtile Verweise dürfen ebenfalls integriert sein", erklärt Weitzer.

Materialien wie Messing, Holz, Leder und Marmor wurden vorwiegend im Restaurant eingesetzt.

Neues Ringstraßenhotel in Wien
Der Schankbereich wurde mit Holz vertäfelt. Die Kühlschränke erinnern unweigerlich an alte Wiener Wirtshäuser. Insgesamt verfügt das Hotel über drei unterschiedliche Zimmerkategorien. Das Interieur besticht vor allem durch starke Kontraste. In Anthrazit getauchte Wände sorgen in Kombination mit dem reinweißen Mobiliar für Spannung – Bett, Waschtisch oder etwa auch die innenliegenden, faltbaren Fensterläden harmonieren mit dem dunklen Holzboden. Die Duschwände bestehen aus Glasbausteinen. Für den Boden im Nassbereich wählte man Fliesen mit einer grau melierten Waschbeton-Optik und sämtliche Lichtschalter sind aus Keramik. Elemente, die natürlich auch einen Verweis auf die Vergangenheit des Hauses bilden. Spannendes Detail: Für Gäste mit kleinem Budget werden im selben Haus, in zwei Schläfsälen Stockbettplätze angeboten – ein spannendes Experiment.

Und auch bei diesem Haus verzichtet der Grazer Hotelier auf eine Sterne-Klassifizierung. Auf dem hart umkämpften Hotelmarkt eine Seltenheit, umso mutiger die Entscheidung, damit nicht aufzuhören.

Kommentare