Neue Stoff-Geschichten

Zwei orangefarbene Sessel stehen in einem Raum mit gemusterter Tapete.
Textildesignerin Florence Lafarge hat für Hermès maison eine neue Kollektion entwickelt. IMMO traf sie zum Gespräch.

Bekannt geworden ist der Luxushersteller Hermès durch die Sattlerei für den Pferdesport. Mittlerweile steht das Unternehmen für vieles mehr. Exklusive Mode, hochwertige Lederwaren in Form von Handtaschen und die berühmten Seidentücher haben dafür gesorgt, dass das Portfolio der Marke vielseitiger geworden ist. Seit drei Jahren verfügt das Unternehmen nun auch über eine eigene Möbelkollektion. Diese wird durch ein umfangreiches Stoff- und Tapetensortiment ergänzt. Auf der Möbelmesse in Mailand hat IMMO mit Art Direktorin Florence Lafarge über die neue Kollektion gesprochen:

Arbre de vie (Baum des Lebens), Jardin d’osier (Weidengarten) und Chevaux d’apparat (Prunkpferd) sind die Namen der diesjährigen Serie. Wodurch haben Sie sich inspirieren lassen?

Wir wollen Sie mit unseren Mustern und Farbwelten auf eine Reise zur historischen "route du thé" (Straße des Tees) mitnehmen. Vor 3000 Jahren war diese Strecke ein wichtiger Handelsweg zwischen chinesischen Provinzen, Tibet und Indien. Wir haben versucht, den Reichtum dieser Landschaft und die historische Relevanz sowie deren Geschichte in unseren Mustern aufzugreifen. Die Tatsache, dass früher auf diesen Pfaden ausschließlich Pferde für den Warentransport zuständig waren, war für uns ein weiterer Grund dafür, unsere Reise genau hier zu beginnen.

Ihre Stoffe sind also eine Art Erzählband?

Eine Tasche gefüllt mit verschiedenen Rollen gemusterter Tapeten vor einer gemusterten Wand.
Ja, denn egal ob Sie ein Möbelstück, eine Leuchte oder eben einen Stoff kreieren – es wird immer darum gehen, emotionale Werte zu vermitteln. Das erreicht man am Besten mit einer guten Geschichte. Selbst die Textur kann eine Geschichte erzählen.

Können Sie das genauer erklären?

Wir haben uns mit traditionellen Web- und Knüpftechniken aus der Region entlang der "Teestraße" beschäftigt. Daraus entstand auch die Idee, auf eine spezielle Webtechnik mithilfe von Ketten- und Schussfäden zu setzen. (Anm. d. Red.: Kettenfäden verlaufen in Längsrichtung und Schussfäden in Querrichtung des Gewebes, die miteinander während des Webens gekreuzt werden.) So gesehen erzählt selbst die Textur der einzelnen Stoffe einen Teil der Geschichte weiter. Das wiederum sorgt für Emotion.

Wie viel von der Person Florence Lafarge findet man in der Kollektion?

Einiges, denn als Designer gibt man auch immer ein Stück von seiner Persönlichkeit preis. Man beschäftigt sich immerhin 14 bis 15 Monate mit der Gestaltung. Natürlich entsteht dadurch auch eine Art subjektive Interpretation des Themas.

Welche Techniken oder Materialien haben Sie noch für die Kollektion verwendet?

Wir haben etwa mit komplizierten Siebdruck-Verfahren gearbeitet, die wir auf feinstem Lampa (Anm. d. Red.: Ein Jacquardstoff mit flottierenden Fäden im Schussbereich mit glänzendem Fond, ähnlich wie Damast) angebracht haben. Die 3-D-Technologie ist ein weiterer wichtiger Eckpfeiler. Genauso wie die Auswahl der richtigen Seide.

Ein braunes Sofa, ein Sessel und ein Beistelltisch stehen in einem modern eingerichteten Raum.
Dramatische, üppige Muster und lineare oder unifarbene Prints sind auch heuer wieder im Sortiment. Warum setzen Sie erneut auf derartige Kontraste innerhalb einer Kollektion?

Weil sich diese Gegensätze perfekt ergänzen und dadurch spannende Kombinationen entstehen können. Ich kann also ein Muster von heuer mit einer unifarbenen Version von vor fünf Jahren kombinieren. Bei jeder neuen Serie geht es darum, diesen Kreis zu schließen und zu verbinden. Heuer haben wir sehr stark mit floralen Prints gearbeitet. Einzelne Farbabstufungen innerhalb der Sammlung sollen die Kombinationsmöglichkeit erleichtern.

Porträt einer Frau mit langen Haaren und einem Wickelkleid.
Textildesignerin Florence Lafarge startete ihre Karriere 1993 bei der Firma Primrose Bordier. Fünf Jahre später rekrutierte sie Modedesigner Kenzo Takada als Style Director für Kenzo Maison. 2009 wechselte sie als Creative Director zu Hermès. Derzeit ist sie für die Gestaltung von Textilien, Möbelstoffe, Tapeten und die Kinderkollektion verantwortlich.www.hermes.com

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